Politik
COP 26: Abholzungs- und Methan-Deal nur mit Ernährungswandel
Magdalena Schmittlein 16. November 2021
Auf der Weltklimakonferenz (COP 26) in Glasgow wurden der „Methan-Deal“ und ein Abholzungs-Stopp beschlossen. ProVeg war vor Ort und machte unmissverständlich klar, warum diese Ziele nur mit einem Ernährungswandel machbar sind.
„Methan-Deal“ als erster Meilenstein der COP 26
Ist das Treibhausgas CO₂ einmal in der Atmosphäre, dauert es Jahrhunderte, bis es abgebaut wird. Methan hingegen zersetzt sich bereits nach wenigen Jahrzehnten.1Allen, M. R., et al. (2018): A solution to the misrepresentations of CO2-equivalent emissions of short-lived climate pollutants under ambitious mitigation. Npj Climate and Atmospheric Science doi.org/10.1038/s41612-018-0026-8 Allerdings ist Methan in Bezug auf das Treibhausgaspotenzial 28- bis 265-mal schädlicher als CO₂.2Myhre, G., D. Shindell, F.-M. Bréon, et al. (2013): Anthropogenic and Natural Radiative Forcing. In: Climate Change 2013: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Stocker, T. F., D. Qin, G.-K. Plattner, M. Tignor, S. K. Allen, J. Boschung, A. Nauels, Y. Xia, V. Bex and P. M. Midgley (eds.)]. Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA Deswegen wurde nun der sogenannte „Methan-Deal“ auf der COP 26 beschlossen: Bis 2030 sollen die Methan-Emissionen um 30 % reduziert werden.
Doch wie ist das zu schaffen? Ohne unser Ernährungssystem zu verändern, wahrscheinlich gar nicht. Denn ein Großteil des freigesetzten Methans kommt aus der Landwirtschaft, vor allem aus der sogenannten Nutztierhaltung. Gerade Rindfleisch und Milchprodukte tragen in diesem Sektor mit 65 % einen immensen Anteil.3Gerber, P., et al. (2013): Tackling climate change through livestock: a global assessment of emissions and mitigation opportunities. FAO, Rome. S. 15
„Aus unserer Sicht ist es nicht möglich, das Ziel zu erreichen, wenn wir die Tierbestände nicht reduzieren.“
Jutta Paulus, Europaabgeordnete Bündnis 90/Die Grünen, zum „Methan-Deal“
Wie sich die industrielle Tierhaltung auf den Klimawandel auswirkt
Herstellung und Konsum von tierischen Produkten ist ein wesentlicher Treiber des Klimawandels, während eine pflanzliche Ernährung dazu beiträgt, die Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren.
COP 26: Wälder nicht weiter abholzen
Ein weiteres Ergebnis der 2-wöchigen Weltklimakonferenz: Über 100 Länder haben auf der COP 26 zugesichert, Wälder nicht weiter abzuholzen. Unter anderem haben Brasilien, die Demokratische Republik Kongo, Kanada, Kolumbien, Russland und Indonesien unterzeichnet – Länder, in denen ein Großteil der bedeutendsten Wälder unseres Planeten liegt. Insgesamt könnten so 85 % der Wälder geschützt werden.4Seabrook, V. (2021): COP26: More than 100 countries commit to ending and reversing deforestation by 2030. Sky News. Online unter: https://news.sky.com/story/cop26-more-than-100-countries-commit-to-ending-and-reversing-deforestation-by-2030-12457327 [09.11.2021]
Der Haupttreiber für die Abholzung der Wälder ist mit 80 % die Landwirtschaft.5Kissinger, G., M. Herold, V. De Sy (2012): Drivers of Deforestation and Forest Degradation: A Synthesis Report for REDD+ Policymakers. Lexeme Consulting, S. 12 Mehr als 75 % der im Amazonas gerodeten Gebiete werden als Weideland (vor allem für Rinder) und zur Produktion von Futtermitteln genutzt.6Cerri, C. E. P., et al. (2018): Reducing Amazon Deforestation through Agricultural Intensification in the Cerrado for Advancing Food Security and Mitigating Climate Change. Sustainability. 10, S. 989 7Margulis, S. (2004): Causes of Deforestation of the Brazilian Amazon. World Bank Working Paper, Nr. 22. Washington, D.C: World BankDer Abholzungs-Stopp ist realistischerweise nur dann zu schaffen, wenn wir unser Ernährungssystem grundlegend ändern. Und unsere Mission „50by40“ real werden lassen.
ProVeg auf der COP 26
ProVeg war auf der Weltklimakonferenz, um zu zeigen: Die Lösung liegt auf unserem Teller! Schaffen wir es, den Konsum tierischer Produkte zu reduzieren, können wir nicht nur Treibhausgas-Emissionen einsparen, sondern auch unsere Wälder schützen und landwirtschaftliche Nutzflächen freigeben. Auch das Risiko für Zoonosen wie COVID-19 wird kleiner, je weniger Tiere auf engem Raum gehalten werden.
All diese Themen griff ProVeg bei verschiedenen Veranstaltungen und Pressekonferenzen auf der COP 26 auf. Eines der Highlights war eine offizielle Nebenveranstaltung mit dem Titel „Keine Versäumnisse mehr: Notwendige Ambitionen für den Wandel des globalen Lebensmittelsystems“, bei welchem ProVeg mit Partnern wie Compassion in World Farming und der Vegan Society über das Ausmaß der Emissionen aus der Tierhaltung diskutierte.
Der Zusammenhang zwischen Klima, Ernährung und Pandemien
Auch die Veranstaltung von ProVeg im Gesundheits-Pavillon der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit dem Thema „Das Pariser Klimaabkommen erreichen und die nächste Pandemie verhindern: Argumente für transformative, klimaresistente und gesunde Lebensmittelsysteme“ stieß auf großes Interesse.
ProVeg war außerdem im EU-Pavillon vertreten. In der mit der EAPF, Oatly und der Barilla Foundation organisierten Veranstaltung wurde über die europäische Lebensmittelstrategie „Vom Hof auf den Tisch“ diskutiert.
Die Umstellung unseres Ernährungssystems ist unabdingbar
Ein weiteres ProVeg-Event mit Vortragenden aus Marokko, Benin, Frankreich, Kamerun und Italien kam zu folgendem Fazit: Wir brauchen einen ganzheitlichen Ansatz für unser Ernährungssystem. Dabei müssen wir regionale Besonderheiten berücksichtigen und gleichzeitig anerkennen, dass der Konsum tierischer Lebensmittel jetzt verringert werden muss. ProVeg hat außerdem zahlreiche weitere Veranstaltungen moderiert und an Podiumsdiskussionen teilgenommen.
ProVeg machte auf der Weltklimakonferenz klar, dass eine Umstellung unseres Ernährungssystems unabdingbar ist, um die Klimaziele zu erreichen. Gemeinsam mit Kooperationspartnern wie Humane Society International, Tzu Chi Foundation sowie Vier Pfoten und Gästen wie Impossible Foods konnten wir dieses Thema auf die politische Agenda der COP 26 setzen. Jetzt liegt es an den Politikerinnen und Politikern, die Maßnahmen für einen Ernährungswandel umzusetzen.
Reduzierung der Tierbestände gehört in den Koalitionsvertrag
Gemeinsam mit 10 weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen übergab ProVeg einen offenen Brief mit Forderungen an die Parteien.
Quellen[+]
↑1 | Allen, M. R., et al. (2018): A solution to the misrepresentations of CO2-equivalent emissions of short-lived climate pollutants under ambitious mitigation. Npj Climate and Atmospheric Science doi.org/10.1038/s41612-018-0026-8 |
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↑2 | Myhre, G., D. Shindell, F.-M. Bréon, et al. (2013): Anthropogenic and Natural Radiative Forcing. In: Climate Change 2013: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Stocker, T. F., D. Qin, G.-K. Plattner, M. Tignor, S. K. Allen, J. Boschung, A. Nauels, Y. Xia, V. Bex and P. M. Midgley (eds.)]. Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA |
↑3 | Gerber, P., et al. (2013): Tackling climate change through livestock: a global assessment of emissions and mitigation opportunities. FAO, Rome. S. 15 |
↑4 | Seabrook, V. (2021): COP26: More than 100 countries commit to ending and reversing deforestation by 2030. Sky News. Online unter: https://news.sky.com/story/cop26-more-than-100-countries-commit-to-ending-and-reversing-deforestation-by-2030-12457327 [09.11.2021] |
↑5 | Kissinger, G., M. Herold, V. De Sy (2012): Drivers of Deforestation and Forest Degradation: A Synthesis Report for REDD+ Policymakers. Lexeme Consulting, S. 12 |
↑6 | Cerri, C. E. P., et al. (2018): Reducing Amazon Deforestation through Agricultural Intensification in the Cerrado for Advancing Food Security and Mitigating Climate Change. Sustainability. 10, S. 989 |
↑7 | Margulis, S. (2004): Causes of Deforestation of the Brazilian Amazon. World Bank Working Paper, Nr. 22. Washington, D.C: World Bank |
Über die Autorin
Magdalena Schmittlein
Communications Associate