COVID-19
Coronavirus: so kommen Unternehmen durch die Pandemie
Kathleen Gerstenberg 7. Mai 2020
COVID-19 hat vieles verändert. Einige Wochen nach der globalen Stilllegung werden die wirtschaftlichen Folgen immer spürbarer. Klar wird auch, dass die Auswirkungen auf die verschiedenen Unternehmen der Lebensmittelindustrie sehr unterschiedlich sind. Unternehmen, die auf pflanzliche Produkte setzen, benötigen jetzt zwar ein gewisses Durchhaltevermögen, sehen aber einer vielversprechenden Zukunft entgegen.
Der Einzelhandel boomt, die Gastronomie kämpft ums Überleben
Mehrere Wochen nach Beginn des Corona-Lockdowns zeigt sich weltweit ein klarer Trend: Die Gastronomie befindet sich in einer misslichen Lage, während das Geschäft mit Produkten aus dem Einzelhandel boomt.1Financial Times (31.03.2020): Record month for UK supermarkets as consumers spend extra £1.9bn, Online unter https://www.ft.com/content/cf153651-09f3-4cf5-a012-e4f823b648be [17.04.2020] 2Food & Wine (04.03.2020): People Are Stocking Up on Oat Milk Because of Coronavirus, Online unter https://www.foodandwine.com/news/oat-milk-stockpile-coronavirus [17.04.2020] Online-Bestellungen bei Supermärkten haben ebenfalls stark zugenommen. Lange haltbare Grundnahrungsmittel wie Nudeln und Dosentomaten, aber auch Bohnen, getrocknete Früchte und Reis führen dabei die Statistik an.3Ingredients Network (10.04.2020): COVID-19 drives surge in online grocery sales, Online unter https://www.ingredientsnetwork.com/covid19-drives-surge-in-online-grocery-sales-news082958.html [17.04.2020] Im Gegensatz dazu ist die Gastronomie gezwungen, sich alternative Ansätze auszudenken. Essen zum Mitnehmen, tiefgefrorene Fertiggerichte, Lebensmittelkisten und Online-Kochkurse – all das sind Ideen, an denen sich die Unternehmen versuchen.
„Restaurants werden alles daran setzen, ihre Einnahmequellen von nun an stark zu diversifizieren, sodass sie bei der nächsten Pandemie vorbereitet sind“, sagt Sonalie Figuerias von Green Queen Media.4Vegconomist (01.04.2020): Plantbased and the Pandemic – Experts in Vegan Business Speak Out, Online unter https://vegconomist.com/hot-off-the-vegan-press/plantbased-and-the-pandemic-experts-in-vegan-business-speak-out/ [17.04.2020] Die gute Nachricht: Auch wenn es schwierig sein mag, ein Online-Angebot einzurichten und alternative Absatzwege zu finden, werden diese Maßnahmen höchstwahrscheinlich auch in einer Welt nach Corona beibehalten werden und den Unternehmen in Zukunft zusätzliche Einkommensquellen bieten.
Vegane Start-ups: die Kraft der Beharrlichkeit
In einer Zeit, in der eine globale Krise die komplexen und empfindlichen Abhängigkeiten unseres gegenwärtigen Lebensmittelsystems offenbart und uns zu widerstandsfähigen Alternativen drängt, stellt sich die Frage: Wie wird sich unser Innovationsdenken durch die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Folgen des Coronavirus verändern?
Coronavirus: Chancen für Unternehmen in Zeiten einer Pandemie
COVID-19 wirkt sich stark auf die globale Wirtschaft aus. Doch die Lage könnte dem Markt für pflanzliche Alternativen einen Schub versetzen.
„Unsere ehemaligen Start-up-Kohorten stehen vor großen Herausforderungen“, erklärt Albrecht Wolfmeyer, Leiter des ProVeg-Incubators. „Der Außer-Haus-Markt ist ins Stocken geraten, die Lieferketten sind unterbrochen und laufende Investitionsrunden werden möglicherweise verschoben. Es kann auch sein, dass einige Investorinnen und Investoren bestehenden Portfolios Vorrang vor der Übernahme von neuen Start-ups einräumen. Unternehmerinnen und Unternehmer müssen heute mehr denn je kreativ und flexibel sein, um sich am Markt durchzusetzen.“
Start-ups passen sich an und ändern ihre Strategien. Sie führen beispielsweise ihre Produkte zunächst in der EU statt in den USA ein oder verlagern ehemals für Veranstaltungen und Messen geplante Marketingaktivitäten ins Internet. Andere versuchen, das nötige Kleingeld über Finanzierungsformen wie Crowdfunding und Förderungen zu generieren. So plant zum Beispiel Plantcraft, ein Unternehmen, das an pflanzlichen Fleischalternativen arbeitet und das durch den ProVeg-Incubator unterstützt wurde, seine Produkte aufgrund der steigenden Nachfrage in dieser Lebensmittelkategorie schneller als ursprünglich gedacht auf den Markt zu bringen.
Auf Nachfrage von ProVeg berichten derweil Incubator-Alumni-Start-ups wie Greenwise, die ihre veganen Produkte bereits im Supermarkt anbieten, von größeren Umsätzen und einer steigenden Nachfrage seitens der Einzelhändler. „Die Verbraucherinnen und Verbraucher kaufen mehr, als sie normalerweise kaufen würden, weil sie nicht wissen, wann die Maßnahmen enden“, sagt Julia Marsel, Mitgründerin und Chief Marketing Officer von Greenwise. „Als Lebensmittelproduzenten fühlen wir uns verpflichtet, weiterzuarbeiten, um die Menschen mit Lebensmitteln zu versorgen und Engpässe zu verhindern.“
Der ProVeg-Incubator als starker Partner
In dieser von beispielloser Ungewissheit geprägten Situation bietet der ProVeg-Incubator pflanzlichen Start-ups weiterhin Stabilität, Unterstützung und Orientierung. Ende April 2020 startete eine neue Gruppe von Start-ups aus der ganzen Welt, um am Accelerator-Programm des Incubators teilzunehmen – alle Workshops, Beratungen und Veranstaltungen werden dabei online durchgeführt werden.
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Sie haben ein Start-up für pflanzenbasierte Alternativen zu tierischen Produkten? Der ProVeg-Incubator unterstützt Start-ups auf ihrem Weg.
Das Coronavirus stellt zweifellos eine Herausforderung dar, doch es bietet auch Chancen. „Es gibt Grund zur Annahme, dass innovative Start-ups nach der Krise florieren werden“, so Wolfmeyer. „Die Gesundheits- und Umweltaspekte von Lebensmitteln werden im Zuge der Coronavirus-Krise für viele Verbraucherinnen und Verbraucher noch zentraler werden. Gesunde Produkte auf pflanzlicher Basis sowie alternative Proteine könnten noch mehr in den Vordergrund treten und dadurch verstärkt gekauft werden. Das würde Start-ups, die sich auf diese Art von Produkten konzentrieren, eine bedeutende Chance auf Erfolg bieten.“
Treibstoff für Innovationen: Anstieg von nachhaltigen Investitionen
Um ein besseres Verständnis dafür zu bekommen, was die Zukunft bringen wird, lohnt sich ein Blick auf die Aktivitäten von Investorinnen und Investoren. Eines ist offensichtlich: Ihr Vertrauen in die wachsende Bedeutung nachhaltiger Alternativprodukte ist ungebrochen. So hat etwa die Holding-Gesellschaft Kale United ihre jüngste Crowdfunding-Runde in nur wenigen Tagen abgeschlossen, während sich Rebellyous Foods, ein Unternehmen, das pflanzliche Chicken-Nuggets produziert, kürzlich eine Investition von 6 Millionen Dollar sicherte.5 Vegconomist (03.04.2020): Kale United sammelt 350.000 EUR nach nur weniger Tagen via Crowdfunding, Online unter https://vegconomist.de/unternehmen-und-portraits/kale-united-sammelt-350-000-eur-nach-nur-weniger-tagen-via-crowdfunding/ [17.04.2020] 6 Vegconomist (17.04.2020): Rebellyous Foods Raises $6M in Series A Round to Make Plant-Based Meat Affordable, Online unter https://vegconomist.com/companies-and-portraits/rebellyous-foods-raises-6m-in-series-a-round-to-make-plant-based-meat-affordable/ [17.04.2020]
Mitte April 2020 legte Singapur einen neuen Fonds in Höhe von 30 Millionen Singapur-Dollar (21 Millionen US-Dollar) auf, um die lokale Nahrungsmittelproduktion anzukurbeln. Dieser Fonds baut auf der Initiative „30 by 30“ der Stadt zur Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln auf, in deren Rahmen die Regierung 140 Millionen Singapur-Dollar (101 Millionen US-Dollar) investiert, um bis 2030 30 % des Nahrungsmittelbedarfs Singapurs zu decken, einschließlich erheblicher Investitionen in die Forschung im Bereich der kultivierten Produkte.7Green Queen Media (14.04.2020): Singapore Launches SGD30M Fund To Boost Local Food Production Amid Covid-19 Disruption, Online unter https://www.greenqueen.com.hk/singapore-launches-sgd30m-fund-to-boost-local-food-production-amid-covid-19-disruption/ [17.04.2020] 8Green Queen Media (13.03.2020): Singapore Emerges As FoodTech Capital Of Asia According To New Report, Online unter https://www.greenqueen.com.hk/singapore-reinvents-itself-as-asias-food-tech-leader-of-innovation-says-new-report/ [17.04.2020]
Insbesondere im asiatisch-pazifischen Raum besteht ein wachsendes Interesse an nachhaltigen Investitionen. Die Schweizer Private-Banking-Gruppe UBS hatte erklärt, dass sich ihr zu 100 % nachhaltiges Portfolio in Asien seit Anfang 2019 mehr als verdoppelt habe, wobei rund 60 % der Investitionen aus Großchina stammen, da Gesundheit und Umwelt stärker in den Fokus gerückt seien.9Bloomberg (02.04.2020): Virus Boosts Rich Asian Interest in Sustainable Investing Trend, Online unter https://www.bloomberg.com/news/articles/2020-04-02/virus-boosts-rich-asian-interest-in-sustainable-investing-trend [17.04.2020] Obgleich dieser Aufschwung im Interesse für nachhaltige Investitionen durch die Coronavirus-Pandemie ausgelöst wurde, gehen Expertinnen und Experten davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. Wai-shin Chan von der HSBC, einer der größten Banken der Welt, drückte es so aus: „Die Unternehmen werden den wahren Grad ihrer Widerstandsfähigkeit gegen potenzielle Schocks – Pandemien, Klimawandel oder andere – überdenken müssen.“10HSBC News & Insights: Coronavirus and the environment, Online unter https://www.hsbc.com/news-and-insight/2020/coronavirus-and-the-environment [17.04.2020]
Transformation des Ernährungssystems zur Verringerung des Risikos künftiger Pandemien
Das Entstehen von Zoonosen (Krankheiten, die von anderen Tieren auf den Menschen übertragen werden) steht in engem Zusammenhang mit der industriellen Tierhaltung. Die meisten der in den letzten Jahrzehnten aufgetretenen Infektionskrankheiten wurden durch Tiere übertragen, darunter die Vogel- und Schweinegrippe.11Belay, E. D., Kile, J. C., Hall, A. J.,et al. (2017): Zoonotic Disease Programs for Enhancing Global Health Security. Emerging Infectious Diseases, 23(13). DOI: https://dx.doi.org/10.3201/eid2313.170544.
12FAO: Protecting people and animals from disease threats. Online unter http://www.fao.org/emergencies/crisis/diseases/en/ [18.03.2020] 13Smith, K. F., M. Goldberg, S. Rosenthal, L. Carlson, J. Chen, C. Chen, S. Ramachandran (2014): Global rise in human infectious disease outbreaks. Journal of The Royal Society Interface. 11(101): DOI: 10.1098/rsif.2014.0950 Oft wird die Ursache des aktuellen Coronavirus-Ausbruchs vereinfacht, indem sie ihn mit Chinas Verzehr von Wildtieren in Verbindung bringt. Es stimmt, dass das Eindringen des Menschen in natürliche Lebensräume anderer Tiere Krankheitserregern die Möglichkeiten bietet, auf sogenannte Nutztiere und Menschen überzuspringen. Viele der Krankheitserreger, die in jüngster Zeit für die menschliche Gesundheit von Bedeutung waren, wie die Vogelgrippe, wurden jedoch über die industrielle Tierhaltung oder den Verzehr von Tierprodukten übertragen.14Leibler, J. H., J. Otte, D. Roland-Holst, et al. (2009): Industrial food animal production and global health risks: exploring the ecosystems and economics of avian influenza. Ecohealth. 6, p.58–78
Unser globales Ernährungssystem zu ändern, indem wir tierische Produkte zunehmend durch pflanzliche und kultivierte Alternativen ersetzen, ist daher die wirksamste Maßnahme, die wir ergreifen können, um das Risiko künftiger Pandemien zu verringern.
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Quellen[+]
↑1 | Financial Times (31.03.2020): Record month for UK supermarkets as consumers spend extra £1.9bn, Online unter https://www.ft.com/content/cf153651-09f3-4cf5-a012-e4f823b648be [17.04.2020] |
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↑2 | Food & Wine (04.03.2020): People Are Stocking Up on Oat Milk Because of Coronavirus, Online unter https://www.foodandwine.com/news/oat-milk-stockpile-coronavirus [17.04.2020] |
↑3 | Ingredients Network (10.04.2020): COVID-19 drives surge in online grocery sales, Online unter https://www.ingredientsnetwork.com/covid19-drives-surge-in-online-grocery-sales-news082958.html [17.04.2020] |
↑4 | Vegconomist (01.04.2020): Plantbased and the Pandemic – Experts in Vegan Business Speak Out, Online unter https://vegconomist.com/hot-off-the-vegan-press/plantbased-and-the-pandemic-experts-in-vegan-business-speak-out/ [17.04.2020] |
↑5 | Vegconomist (03.04.2020): Kale United sammelt 350.000 EUR nach nur weniger Tagen via Crowdfunding, Online unter https://vegconomist.de/unternehmen-und-portraits/kale-united-sammelt-350-000-eur-nach-nur-weniger-tagen-via-crowdfunding/ [17.04.2020] |
↑6 | Vegconomist (17.04.2020): Rebellyous Foods Raises $6M in Series A Round to Make Plant-Based Meat Affordable, Online unter https://vegconomist.com/companies-and-portraits/rebellyous-foods-raises-6m-in-series-a-round-to-make-plant-based-meat-affordable/ [17.04.2020] |
↑7 | Green Queen Media (14.04.2020): Singapore Launches SGD30M Fund To Boost Local Food Production Amid Covid-19 Disruption, Online unter https://www.greenqueen.com.hk/singapore-launches-sgd30m-fund-to-boost-local-food-production-amid-covid-19-disruption/ [17.04.2020] |
↑8 | Green Queen Media (13.03.2020): Singapore Emerges As FoodTech Capital Of Asia According To New Report, Online unter https://www.greenqueen.com.hk/singapore-reinvents-itself-as-asias-food-tech-leader-of-innovation-says-new-report/ [17.04.2020] |
↑9 | Bloomberg (02.04.2020): Virus Boosts Rich Asian Interest in Sustainable Investing Trend, Online unter https://www.bloomberg.com/news/articles/2020-04-02/virus-boosts-rich-asian-interest-in-sustainable-investing-trend [17.04.2020] |
↑10 | HSBC News & Insights: Coronavirus and the environment, Online unter https://www.hsbc.com/news-and-insight/2020/coronavirus-and-the-environment [17.04.2020] |
↑11 | Belay, E. D., Kile, J. C., Hall, A. J.,et al. (2017): Zoonotic Disease Programs for Enhancing Global Health Security. Emerging Infectious Diseases, 23(13). DOI: https://dx.doi.org/10.3201/eid2313.170544. |
↑12 | FAO: Protecting people and animals from disease threats. Online unter http://www.fao.org/emergencies/crisis/diseases/en/ [18.03.2020] |
↑13 | Smith, K. F., M. Goldberg, S. Rosenthal, L. Carlson, J. Chen, C. Chen, S. Ramachandran (2014): Global rise in human infectious disease outbreaks. Journal of The Royal Society Interface. 11(101): DOI: 10.1098/rsif.2014.0950 |
↑14 | Leibler, J. H., J. Otte, D. Roland-Holst, et al. (2009): Industrial food animal production and global health risks: exploring the ecosystems and economics of avian influenza. Ecohealth. 6, p.58–78 |
Über die Autorin
Kathleen Gerstenberg
Content-Managerin
Unsere Autorin interessiert sich für gesunde Ernährung. Seit 2018 ist sie bei ProVeg, liebt Wortneuschöpfungen und jongliert als Content-Managerin mit Sprache, um noch mehr Menschen für eine pflanzliche Lebensweise zu begeistern.