Politik
Essen fürs Klima: ProVeg-Petition bringt Ernährung ins Klimaschutz-Programm
Kathleen Gerstenberg 27. Juli 2021
Mit der neuen Kampagne „Essen fürs Klima“ bringt ProVeg das Thema Ernährung auf die politische Klimaschutz-Agenda. Mit einer Petition an den Bundestag fordern wir Politikerinnen und Politiker auf, nicht länger die Augen vor den Klimaauswirkungen der industriellen Tierhaltung zu verschließen und Ernährung ins Klimaschutz-Programm aufzunehmen.
Tierhaltung als Treiber des Klimawandels
Ernährung ist für etwa 20 % der deutschen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich.1Crippa, M., E. Solazzo, D. Guizzardi et al (2021): Food systems are responsible for a third of global anthropogenic GHG emissions. Nature Food 2, 198–209. Doi: https://doi.org/10.1038/s43016-021-00225-9 [2021] 2Crippa, M., Solazzo, E., Guizzardi, D. et al. (2021): EDGAR-FOOD data. Figshare, Doi: 10.6084/m9.figshare.13476666 [2021] Laut Umweltbundesamt (UBA) entfallen etwa 60% der Emissionen im Bereich der Landwirtschaft auf die Tierhaltung.3Umweltbundesamt (2020): Beitrag der Landwirtschaft zu den Treibhausgas-Emissionen. Online unter: https://www.umweltbundesamt.de/daten/land-forstwirtschaft/beitrag-der-landwirtschaft-zu-den-treibhausgas#treibhausgas-emissionen-aus-der-landwirtschaft [27.07.2021] Wie wir uns ernähren, entscheidet maßgeblich mit, ob Deutschland seine Klimaschutzziele erreichen kann. Das Potenzial für CO2-Einsparungen ist groß.4Hallström, E., A. Carlsson-Kanyama & P. Börjesson (2015): Environmental impact of dietary change: a systematic review. Journal of Cleaner Production 91 1–11. Doi: http://dx.doi.org/10.1016/j.jclepro.2014.12.008 Weltweit sorgen die 20 größten Fleisch- und Milchkonzerne für mehr Treibhausgas-Emissionen als ganz Deutschland.5Heinrich Böll Stiftung, GRAIN & Institute for Agriculture & Trade Policy (2017): Big Meat and Dairy’s supersized Climate Footprint. Online unter: https://www.grain.org/article/entries/5825-big-meat-and-dairy-s-supersized-climate-footprint [27.07.2021]
Blinder Fleck beim Klimaschutz: Maßnahmen zur Förderung pflanzlicher Lebensweisen fehlen
Im neuen Klimaschutz-Programm der Bundesregierung – dem Investitionsprogramm zur Umsetzung des novellierten Klimaschutzgesetzes – taucht Ernährung als mögliche Stellschraube jedoch nicht auf.6Bundesfinanzministerium (2021): Klimaschutz Sofortprogramm 2022. Online unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/klimaschutz-sofortprogramm-2022.pdf?__blob=publicationFile&v=1 [27.07.2021] Die vorgeschlagenen Lösungsansätze benennen nur die mit der Nutztierhaltung verbundenen Ammoniak-Emissionen; eine Reduzierung von Tierbeständen und die Förderung pflanzenbetonter Lebensweisen werden nicht erwähnt. ProVeg fordert den Bundestag auf, pflanzliche Ernährung in die Maßnahmen des Klimaschutz-Programms aufzunehmen.
Ernährung auf die Klimaschutz-Agenda setzen
Jetzt die Petition „Essen fürs Klima“ unterschreiben und die Förderung pflanzlicher Ernährung ins Klimaschutz-Programm bringen.
Klimaschutz-Programm: Bundesregierung rührt die Tierhaltung nicht an
Das Bundeskabinett einigte sich im November 2016 auf den Klimaschutzplan 2050, das nationale Umsetzungsvorhaben des Pariser Klimaschutzabkommens.7Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (2016): Klimaschutzplan 2050. Online unter: https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/klimaschutzplan_2050_bf.pdf [27.07.2021] Konkrete Maßnahmen, die die dringend notwendige Landwirtschafts- und Ernährungswende hätten einleiten können, sind nicht enthalten. Sie wurden aus dem ersten Entwurf des Bundesumweltministeriums gestrichen – trotz zuvor veröffentlichter Gutachten, die Änderungen im Lebensmittelkonsum als dringend notwendig für den Klimaschutz benannt hatten.8Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim BMEL (2016): Klimaschutz in der Land- und Forstwirtschaft sowie den nachgelagerten Bereichen Ernährung und Holzverwendung. Online unter: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ministerium/Beiraete/agrarpolitik/Klimaschutzgutachten_2016.pdf?__blob=publicationFile&v=3 [27.07.2021]
Nachdem das Bundesverfassungsgericht im März 2021 das bestehende Klimaschutzgesetz als verfassungswidrig erklärte, hatte die Bundesregierung im Rekordtempo die festgelegten Klimaziele angepasst. Das Ergebnis ist das neue Klimaschutz-Programm. Was als großer Schritt im Kampf gegen den Klimawandel verkauft wird, enttäuscht bei genauerer Betrachtung: Auch im angepassten Klimaschutz-Programm fehlt es noch immer an einem effektiven Gesamtkonzept. Essen fürs Klima? Fehlanzeige.
70 % der Menschen in Deutschland wollen Verbot der Massentierhaltung
In einer aktuellen Meinungsumfrage von Civey im Auftrag von ProVeg rund um die Themen Ernährung und Landwirtschaft sprechen sich rund 70 % der Bundesbürgerinnen und -bürger für ein Verbot der Massentierhaltung aus.
Fachleute sehen den Ernährungswandel als unabdingbar für den Klimaschutz
Die Zukunftskommission Landwirtschaft ist ein von der Regierung eingesetzter Fachausschuss zur Ausarbeitung eines zukunftsfähigen Umbaus der deutschen Landwirtschaft. Die Kommission hatte in ihrem Abschlussbericht deutlich gemacht, dass ein erfolgreiches Klimaschutz-Programm nicht ohne grundlegende Veränderungen im Ernährungssystem auskommt. Sie empfiehlt beispielsweise eine Reduktion des Konsums tierischer Produkte, ein Ende der Flächenbindung der EU-Agrarsubventionen sowie eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse.9Zukunftskommission Landwirtschaft (2021): Zukunft Landwirtschaft. Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Online unter: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Landwirtschaft/abschlussbericht-zukunftskommission-landwirtschaft.pdf?__blob=publicationFile&v=2 [27.07.21] Bisher sind das nur unverbindlichen Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft – die Umsetzung tatsächlicher Maßnahmen liegt bei der Bundesregierung.
ProVeg legt immer wieder konkrete Vorschläge zur Erreichung der im Klimaschutzgesetz verankerten Ziele vor. Bereits 2016 wurde gemeinsam mit anderen Organisationen ein Forderungspapier mit wirkungsvollen Maßnahmen entwickelt.10Klimaschutzplan 2050 der deutschen Zivilbevölkerung (2016). Online unter: https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/klimawandel/klimawandel_klimaschutzplan_2050.pdf [27.07.21] Zuletzt wurde ein 10-seitiger Maßnahmenkatalog im Juni 2021 von ProVeg als Mitglied des Deutschen Naturschutzrings und der Klima-Allianz Deutschland erstellt.
Essen fürs Klima: neue Kampagne bringt internationale Organisationen zusammen
Die Petition an den Bundestag ist Teil der neuen ProVeg-Kampagne „Essen fürs Klima“ (international: „Diet Change Not Climate Change“). Die über mehrere Jahre angelegte Kampagne hat zum Ziel, das Ernährungsthema auf der politischen Klimaschutz-Agenda zu verankern – auf deutscher wie auf internationaler Ebene. ProVeg errichtet dafür eine organisationsübergreifende Plattform, die Informationen zum Thema liefert und sowohl Politikerinnen und Politikern als auch anderen Interessierten Lösungsansätze aufzeigt.
Sie möchten, dass eine pflanzenbetonte Lebensweise endlich von der Politik als effektive Stellschraube im Kampf gegen den Klimawandel anerkannt und ins Klimaschutz-Programm aufgenommen wird? Unterschreiben Sie jetzt unsere Petition „Essen fürs Klima“ an den Bundestag.
Quellen[+]
↑1 | Crippa, M., E. Solazzo, D. Guizzardi et al (2021): Food systems are responsible for a third of global anthropogenic GHG emissions. Nature Food 2, 198–209. Doi: https://doi.org/10.1038/s43016-021-00225-9 [2021] |
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↑2 | Crippa, M., Solazzo, E., Guizzardi, D. et al. (2021): EDGAR-FOOD data. Figshare, Doi: 10.6084/m9.figshare.13476666 [2021] |
↑3 | Umweltbundesamt (2020): Beitrag der Landwirtschaft zu den Treibhausgas-Emissionen. Online unter: https://www.umweltbundesamt.de/daten/land-forstwirtschaft/beitrag-der-landwirtschaft-zu-den-treibhausgas#treibhausgas-emissionen-aus-der-landwirtschaft [27.07.2021] |
↑4 | Hallström, E., A. Carlsson-Kanyama & P. Börjesson (2015): Environmental impact of dietary change: a systematic review. Journal of Cleaner Production 91 1–11. Doi: http://dx.doi.org/10.1016/j.jclepro.2014.12.008 |
↑5 | Heinrich Böll Stiftung, GRAIN & Institute for Agriculture & Trade Policy (2017): Big Meat and Dairy’s supersized Climate Footprint. Online unter: https://www.grain.org/article/entries/5825-big-meat-and-dairy-s-supersized-climate-footprint [27.07.2021] |
↑6 | Bundesfinanzministerium (2021): Klimaschutz Sofortprogramm 2022. Online unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/klimaschutz-sofortprogramm-2022.pdf?__blob=publicationFile&v=1 [27.07.2021] |
↑7 | Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (2016): Klimaschutzplan 2050. Online unter: https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/klimaschutzplan_2050_bf.pdf [27.07.2021] |
↑8 | Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim BMEL (2016): Klimaschutz in der Land- und Forstwirtschaft sowie den nachgelagerten Bereichen Ernährung und Holzverwendung. Online unter: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ministerium/Beiraete/agrarpolitik/Klimaschutzgutachten_2016.pdf?__blob=publicationFile&v=3 [27.07.2021] |
↑9 | Zukunftskommission Landwirtschaft (2021): Zukunft Landwirtschaft. Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Online unter: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Landwirtschaft/abschlussbericht-zukunftskommission-landwirtschaft.pdf?__blob=publicationFile&v=2 [27.07.21] |
↑10 | Klimaschutzplan 2050 der deutschen Zivilbevölkerung (2016). Online unter: https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/klimawandel/klimawandel_klimaschutzplan_2050.pdf [27.07.21] |
Über die Autorin
Kathleen Gerstenberg
Content-Managerin
Unsere Autorin interessiert sich für gesunde Ernährung. Seit 2018 ist sie bei ProVeg, liebt Wortneuschöpfungen und jongliert als Content-Managerin mit Sprache, um noch mehr Menschen für eine pflanzliche Lebensweise zu begeistern.