Politik
Klimaschutzprogramm der Bundesregierung enttäuscht
9. Oktober 2019
Das Klimakabinett hat nach monatelangen Verhandlungen die Eckpunkte des Maßnahmenprogramms vorgelegt, mit dem die deutschen Klimaziele 2030 erreicht werden sollen. Leider ist dabei kein großer Wurf gelungen. Problematisch sind insbesondere die Maßnahmen in den Bereichen Landwirtschaft und Ernährung.
Klimakabinett liefert nicht
Die große Koalition hatte sich am 20. September 2019 auf ein milliardenschweres Klimapaket geeinigt. Dieses wird von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie NGOs und in zahlreichen Medienkommentaren als unzureichend und mutlos kritisiert. So ist nach übereinstimmender Bewertung beispielsweise die Bepreisung von Kohlendioxid („CO2-Preis“) viel zu niedrig, um eine Lenkungswirkung zu entfalten. Durch die beschlossenen Maßnahmen wird zudem lediglich die Hälfte der erforderlichen Emissionsminderungen bis 2030 erreicht.1DNR (2019): Regierung verweigert notwendigen Klimaschutz. Pressemitteilung, online unter https://www.dnr.de/presse/pressemitteilungen/pm-2019/regierung-verweigert-notwendigen-klimaschutz/
Maßnahmen in den Bereichen Landwirtschaft und Ernährung reichen nicht aus
Das Sektorziel für die deutsche Landwirtschaft definiert eine Emissionsminderung von 31–34 % im Jahr 2030 im Vergleich zum Referenzjahr 1990. Die Maßnahmen, die das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) dafür vorgelegt hat, reichen dafür allerdings bei Weitem nicht aus. Das BMEL setzt weitestgehend auf technische Lösungen wie die Förderung der Vergärung von Gülle aus der Tierhaltung in Biogasanlagen. Damit würde weiterhin massiv in die industrielle Tierhaltung investiert und diese manifestiert werden. Was hingegen völlig fehlt, ist die von Wissenschaft und Zivilgesellschaft seit Jahrzehnten geforderte Strategie zur Senkung der Tierbestände.
Für die Wirkung der vorgeschlagenen Maßnahmen in Form geminderter Emissionen gibt das BMEL zudem eine sehr große Spanne an und geht von überzogenen Höchstwerten aus, sodass der tatsächliche Nutzen unklar bleibt. Realistischerweise dürfte eine Lücke bleiben und das Ziel nicht erreicht werden.2Bioland (2019): Bioland kritisiert Klöckners Tricks beim Klimaschutz. Pressemitteilung, online unter https://www.bioland.de/presse/presse-detail/article/bioland-kritisiert-kloeckners-tricks-beim-klimaschutz.html
Tierhaltung ist klimarelevant
Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik (WBAE) des BMEL beziffert den Anteil der ernährungsbedingten Treibhausgasemissionen in Deutschland auf rund ein Viertel. Zwei Drittel dieses Anteils stammen wiederum von tierischen Lebensmitteln.3Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2016): Klimaschutz in der Land- und Forstwirtschaft sowie den nachgelagerten Bereichen Ernährung und Holzverwendung. Gutachten, online unter https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Ministerium/Beiraete/Agrarpolitik/Klimaschutzgutachten_2016.pdf?__blob=publicationFile Global gesehen ist die Tierhaltung laut Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) der Vereinten Nationen für rund 16 % der menschengemachten Treibhausgasemissionen verantwortlich.4FAO (2018): Global Livestock Environmental Assessment Model (GLEAM). GLEAM 2.0 – Assessment of greenhouse gas emissions and mitigation potential. Online unter http://www.fao.org/gleam/results/en/ Ohne eine deutliche Senkung der Emissionen aus der Tierhaltung werden wir keine Chance haben, den Klimawandel auf die im Pariser Abkommen verankerte 1,5-Grad-Grenze zu beschränken. Dabei steht Deutschland zudem als reiche Industrienation besonders in der Pflicht.
Zivilgesellschaft fordert Abbau der Tierbestände und Konsum-Änderungen
Im April hatte ProVeg gemeinsam mit der Klima-Allianz Deutschland eine Studie des Öko-Instituts vorgelegt, die klar aufzeigt, dass Deutschland seine Klimaziele nur mit einem Abbau der Tierbestände erreichen kann.5Klima-Allianz Deutschland (2019): Studie: Klimaziele in der Landwirtschaft nur mit Abstockung der Tierbestände zu erreichen. Pressemitteilung, online unter https://www.klima-allianz.de/presse/meldung/studie-klimaziele-in-der-landwirtschaft-nur-mit-abstockung-der-tierbestaende-zu-erreichen/ Dafür braucht es eine drastische Reduktion des Fleischkonsums und eine Abkehr von der Exportstrategie des BMEL. Schon ein um ein Viertel verringerter Konsum von Milch- und Fleischprodukten würde eine jährliche Einsparung von 7,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten erbringen.
Mehr erfahren:
Die Studie finden Sie hier.
Die Eckpunkte des Klimapakets der Bundesregierung finden Sie hier.
Quellen[+]
↑1 | DNR (2019): Regierung verweigert notwendigen Klimaschutz. Pressemitteilung, online unter https://www.dnr.de/presse/pressemitteilungen/pm-2019/regierung-verweigert-notwendigen-klimaschutz/ |
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↑2 | Bioland (2019): Bioland kritisiert Klöckners Tricks beim Klimaschutz. Pressemitteilung, online unter https://www.bioland.de/presse/presse-detail/article/bioland-kritisiert-kloeckners-tricks-beim-klimaschutz.html |
↑3 | Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2016): Klimaschutz in der Land- und Forstwirtschaft sowie den nachgelagerten Bereichen Ernährung und Holzverwendung. Gutachten, online unter https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Ministerium/Beiraete/Agrarpolitik/Klimaschutzgutachten_2016.pdf?__blob=publicationFile |
↑4 | FAO (2018): Global Livestock Environmental Assessment Model (GLEAM). GLEAM 2.0 – Assessment of greenhouse gas emissions and mitigation potential. Online unter http://www.fao.org/gleam/results/en/ |
↑5 | Klima-Allianz Deutschland (2019): Studie: Klimaziele in der Landwirtschaft nur mit Abstockung der Tierbestände zu erreichen. Pressemitteilung, online unter https://www.klima-allianz.de/presse/meldung/studie-klimaziele-in-der-landwirtschaft-nur-mit-abstockung-der-tierbestaende-zu-erreichen/ |
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