ProVeg
Koalitionsvertrag: Kommt jetzt die Ernährungswende?
Clara Hagedorn 26. November 2021
Am 24.11.2021 veröffentlichte die künftige Bundesregierung ihren Koalitionsvertrag. Nach wochenlangen Verhandlungen hinter verschlossenen Türen steht nun fest, wie sich die Ampel-Koalition die Zukunft der Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik vorstellt. ProVeg zieht Bilanz.
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in grüner Hand
Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) wird künftig von dem Vegetarier und Grünen-Politiker Cem Özdemir geführt.1 Tagesschau (2021): Cem Özdemir soll Landwirtschaftsminister werden. Online unter: https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/gruene-minister-101.html [26.11.2021] Klima soll laut Koalitionsvertrag als Querschnittsthema bei allen Entscheidungen berücksichtigt werden.2ZEIT Online (2021): Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Koalitionsvertrag 2021–2025 zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Online unter: https://www.zeit.de/politik/2021-11/koalitionsvertrag.pdf?appLinkHandling=true/ [26.11.2021]
Nach den vergangenen CDU-geführten Jahren, die von Stillstand und Skandalen geprägt waren, birgt die Neubesetzung des Ministeriums einen Hoffnungsschimmer. Mit den Grünen wird das Ministerium von einer Partei geführt, die sich schon in ihrem Wahlprogramm explizit für eine Reduktion der Tierbestände und einen Wandel hin zu pflanzlicher Ernährung eingesetzt hat.
Koalitionsvertrag erfüllt zentrale Forderungen von ProVeg
Im Kapitel zu Ernährungspolitik finden sich im Koalitionsvertrag gleich mehrere fortschrittliche Punkte, die auch ProVeg gefordert hat. Die Ampel-Koalition will zunächst die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) aktualisieren. Und schließlich in der Gemeinschaftsverpflegung als Standard etablieren. Das bedeutet eine deutliche Reduktion des Konsums tierischer Produkte.
Weiterhin bekennt sich die künftige Regierung dazu, pflanzliche Alternativen zu stärken und sich für die Zulassung von alternativen Proteinen in der EU einzusetzen. Damit erkennen SPD, Grüne und FDP die Notwendigkeit der Proteinwende an und setzen sich außerdem für die Zulassung von kultivierten Produkten ein.
Reduzierung der Tierbestände steht indirekt im Koalitionsvertrag
Tierbestände sollen sich künftig an der Fläche orientieren. Das ist ein klarer Verweis auf die flächengebundene Tierhaltung, die in Wahlprogrammen von SPD und Grünen zu finden war. Allerdings bleibt die Formulierung allgemein und geht nur indirekt auf die Reduktion der Tierzahlen ein.
Auf die Finanzierung für den Umbau der Tierhaltung konnte sich die Ampel-Koalition nicht einigen. Der Umbau soll lediglich über den Markt finanziert werden und die Einnahmen sollen zweckgebunden landwirtschaftlichen Betrieben zugutekommen. Hier hätten die Parteien beispielsweise eine Verbrauchssteuer auf Fleisch festlegen können.
Der Koalitionsvertrag legt weiterhin fest, dass Betriebe auf dem Weg zur Klimaneutralität unterstützt werden sollen. Hier fehlen jedoch konkrete Maßnahmen. ProVeg forderte Prämien und Umschulungsmaßnahmen für einen Wechsel von der Tierhaltung hin zu einer pflanzlichen Produktion.
Koalitionsvertrag macht Hoffnung auf eine zukunftsfähige Ernährungspolitik
Die künftige Bundesregierung übernimmt im Koalitionsvertrag Verantwortung für das Nahrungsmittelsystem und unsere Ernährung. Das Bekenntnis zu pflanzlichen Alternativen und einer Bindung der Tierhaltung an die Fläche rücken Ernährung und Landwirtschaft endlich in den politischen Fokus. Forderungen, die ProVeg seit Jahren an die Politik stellt, könnten mit der Ampel-Regierung endlich umgesetzt werden.
Unsere Arbeit fängt jedoch gerade erst an: Denn für einen umfassenden Wandel hin zu einem nachhaltigen pflanzenbasierten Ernährungssystem muss die künftige Regierung die im Koalitionsvertrag festgelegten Ziele mit konkreten Maßnahmen unterfüttern. Dafür machen wir uns weiterhin stark.
Quellen[+]
↑1 | Tagesschau (2021): Cem Özdemir soll Landwirtschaftsminister werden. Online unter: https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/gruene-minister-101.html [26.11.2021] |
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↑2 | ZEIT Online (2021): Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Koalitionsvertrag 2021–2025 zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Online unter: https://www.zeit.de/politik/2021-11/koalitionsvertrag.pdf?appLinkHandling=true/ [26.11.2021] |
Über die Autorin
Clara Hagedorn
Referentin Politik