Politik
ProVeg kritisiert Leitsätze der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission für Veggie-Produkte
13. Februar 2019
Ende 2018 veröffentlichte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die neuen Leitsätze der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission zu veganen und vegetarischen Produkten. ProVeg-Politik kommentiert.
Der langwierige und konfliktbehaftete Prozess, Leitsätze für vegane und vegetarische Produkte festzulegen, kam Ende 2018 zum Abschluss. Dabei geht es um Produktbezeichnungen, die sich an tierische Produkte anlehnen. Verantwortlich dafür ist die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission (DLMBK), die dem BMEL angegliedert ist. Die DLMBK hatte auf Drängen des Deutschen Fleischer- und des Bauernverbands sowie des ehemaligen Bundeslandwirtschaftsministers Christian Schmidt, die ein Verbot für „vegane Wurst“ und Co. forderten, Regeln für die Namensgebung derartiger Lebensmittel aufstellen wollen. Schon 2016 wurde zu diesem Zweck ein Fachausschuss einberufen, in dem Sachkundige zur Debatte beitragen konnten. ProVeg-Politik setzte sich dort für eine rechtssichere Zulassung von informativen und bewährten Lebensmittelbezeichnungen wie „veganes Schnitzel“ oder „vegetarische Salami“ ein.
Willkürliche Unterscheidungen
Die nun verabschiedeten Leitsätze stellen eine umständliche und verwirrende Regelung dar, bei der willkürliche Grenzziehungen zwischen verschiedenen Produktkategorien vorgenommen werden. So soll zwar das „vegane Schnitzel“ weiterhin erlaubt sein, eine „vegetarische Salami“ muss nun jedoch eine umständliche Beschreibung wie „vegetarischer Soja-Aufschnitt nach Art einer Salami“ erhalten. Welcher Informationsgewinn dadurch für Verbraucherinnen und Verbraucher entsteht, bleibt ungeklärt. Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL), der als Kommissionsmitglied an den Leitsätzen mitgearbeitet hat, sieht einige Herausforderungen auf die Produzierenden zukommen und räumt weiteren Klärungsbedarf ein. Insbesondere hält der Verband die im Leitsatz getroffenen Unterscheidungen für „nicht auf Anhieb deutlich“. 1https://www.bll.de/de/aktuell/20181221-vegetarische-salami-vegane-currywurst-leitsaetze-fuer-vegane-und-vegetarische-lebensmittel-veroeffentlicht
„Vegane Salami“ ist nicht irreführend
Normalerweise sind die Leitsätze der DLMBK dazu gedacht, das übliche Verständnis von Lebensmitteln abzubilden und so eine verlässliche Orientierung in der Lebensmittelkennzeichnung zu schaffen. Im Fall der vegan-vegetarischen Alternativprodukte entschied sich die DLMBK jedoch, prägend in das Marktsegment einzugreifen, also auch dann Änderungen in den Produktbezeichnungen zu fordern, wenn diese noch nie beanstandet wurden. Als Hauptargument für das Eingreifen der DLMBK wurde angeführt, dass die „vegane Salami“ Verbraucherinnen und Verbraucher in die Irre führe. In der Praxis gibt es jedoch keine Probleme mit der Benennung von Fleischalternativen, denen ein Leitsatz in dieser Form begegnen müsste. Insbesondere gibt es keine empirische Studie, die Hinweise auf Verbrauchertäuschung liefert. Im Gegenteil: ProVeg-Politik machte wiederholt darauf aufmerksam, dass eine Studie 2https://www.vzbv.de/sites/default/files/downloads/2017/02/15/meinungen_zur_kennzeichnung_von_lebensmitteln_080615.pdf des Verbraucherzentrale Bundesverbands zu dem Ergebnis kam, dass lediglich 4 % der Konsumierenden schon einmal ein Veggie- statt ein Fleischprodukt oder umgekehrt kauften.
Gemeinsame Kritik von Zivilgesellschaft und Wirtschaft
Schon die frühen Entwürfe der Leitsätze gaben Anlass zur Sorge, dass die Regelungen willkürlich und verwirrend sein würden. Daher verfasste ProVeg-Politik gemeinsam mit 18 Herstellerinnen und Herstellern von Veggie-Alternativen ein Statement, in dem die eindeutige Zulassung von „Fleischbegriffen“ gefordert wurde. Voraussetzung sollte sein, dass klar und deutlich der vegane/vegetarische Charakter des Lebensmittels kommuniziert wird und dass dieses eine hinreichende Ähnlichkeit zum tierischen Pendant aufweist.
Dem Engagement von ProVeg und der unterzeichnenden Unternehmen ist es zu verdanken, dass zumindest einige der etablierten Begriffe wie „Schnitzel“ oder „Bratwurst“ weiterhin für Fleischalternativen zulässig sind. Dennoch bleiben die Leitsätze komplex und teils sehr vage, sodass weiterhin keine Rechtssicherheit für dieses Marktsegment gewährleistet wird. Deshalb ist damit zu rechnen, dass es auch künftig zu juristischen Auseinandersetzungen kommt.
Die Leitsätze können hier nachgelesen werden.
Quellen[+]