New Food Conference 2022: vegane Garnelen und Fleisch aus dem 3-D-Drucker

Ei ohne Henne

Wichtiger als die Frage, wer zuerst da war: Wie geht Ei ohne Henne? Darauf gab die New Food Conference Ende September 2022 eine Antwort: Das Ei von heute „schlüpft“ ohne Henne aus dem Tetra Pak. Zum Beispiel das Hamburger Plant B Egg aus proteinreichen Süßlupinen, damit lässt sich kinderleicht backen und kochen, von Kuchen bis Omelett. Das pflanzliche Ei enthält zudem weniger Fett, Kohlenhydrate und Kalorien als ein Hühnerei.

Noch einen Schritt weiter geht das Berliner Start-up Neggst: Sein Mix aus Ackerbohnen, Süßkartoffeln und pflanzlichem Öl kommt in 2 Komponenten daher, einer fürs Eiweiß und einer fürs Eigelb. Der Clou ist eine – ebenfalls rein pflanzliche – Schale. So lassen sich sogar Spiegeleier in die Pfanne hauen. Das pflanzliche Ei soll 2023 auf den Markt kommen und so viel kosten wie ein Bio-Ei.

Fisch ohne Netze

Schon heute ist ein Drittel aller Fischgründe überfischt, viele Arten sind vom Aussterben bedroht.¹Food and Agriculture Organization of the United Nations (2022): In Brief to The State of World Fisheries and Aquaculture 2022. Towards Blue Transformation. Online unter: https://doi.org/10.4060/cc0463en [21.10.2022] Mikroplastik, Dünger, Pestizide und Chemikalien belasten das Meer und dessen Lebewesen – und auch die Menschen, die sie konsumieren. Abhilfe schaffen Fischalternativen, zum Beispiel die „Shrymps“ des Münchner Start-ups Happy Ocean: Sie sehen aus wie Garnelen, riechen und schmecken auch so, bestehen aber aus Algen und Soja. EatMyPlants aus Berlin will derweil einen veganen Thunfisch aus fermentierten Mikroalgen auf den Markt bringen.

Große Unternehmen und kleine Start-ups wetteifern um Fleischalternativen

Fleischalternativen werden immer beliebter. In Deutschland stieg der Konsum 2021 laut Statistischem Bundesamt um 17 % auf etwa 98.000 Tonnen.²egenüber dem Vorjahr. Online unter: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/05/PD22_N025_42.html [20.10.2022] Mit der Nachfrage wächst auch das Angebot: Neben etablierten Größen wie der Rügenwalder Mühle drängen mehr und mehr Veggie-Marken großer Konzerne in die Supermärkte.

Aber auch jüngere Unternehmen und Start-ups sichern sich ihren Anteil: So gibt es das „Chicken“ auf Erbsenbasis von Planted aus der Schweiz sogar in den Speisewagen der Deutschen Bahn.³Deutsche Bahn (2022): Mehr vegetarische und vegane Speisen in Zügen der DB, veröffentlicht am 23.03.2022. Online unter: https://gruen.deutschebahn.com/de/news/gruene_bordgastronomie [20.10.2022] Heura aus Spanien überzeugt derweil mit Chorizo, Nuggets und Bratwurst aus Soja- und Erbsenprotein.

Fleisch aus dem 3-D-Drucker und Speck aus Champignons

Das israelische Start-up Redefine Meat bringt erstmals ganze Fleischstücke aus Pflanzen in deutsche Restaurants, die durch die Herstellung mit dem 3-D-Drucker eine faserige Filetstruktur bekommen.⁴Jendrischik, M. (2022): Redefine Meat bringt tierloses Fleisch aus dem 3D-Drucker in deutsche Restaurants. Online unter: https://www.cleanthinking.de/redefine-meat-tierloses-fleisch-drucker-technologie [20.10.2022] Und das spanische Start-up Libre Foods präsentierte exklusiv auf der New Food Conference Europas ersten Speck aus fermentierten Champignons. Die Übereinstimmung mit dem tierischen Pendant ist verblüffend.

Noch mehr Ähnlichkeit mit Fleisch hat nur Fleisch selbst. Cultimate Foods aus Berlin züchtet Fettgewebe aus Tierzellen, das pflanzlichen Alternativen den ultimativen Fleischgeschmack verleihen soll. Das niederländische Start-up Meatable entwickelt bereits komplettes Rind- und Schweinefleisch aus dem Labor.

Milch und Käse neu gedacht

Veganer Käse ist ebenfalls sehr gefragt. Der deutsche Marktführer Simply V setzt Jahr für Jahr mehr von seinem Frisch- und Schnittkäse auf Mandelbasis um. Traditionell gereifter Camembert, Ziegenrolle und Roquefort auf Pflanzenbasis von Jay & Joy aus Frankreich finden sich mittlerweile in vielen europäischen Bioläden.

Auch innovative Biotech-Firmen tüfteln an Alternativen ohne Tier. Das Berliner Start-up Formo beispielsweise züchtet naturidentische Milchproteine aus Mikroorganismen wie Hefen und stellt daraus Mozzarella her. Und Bon Vivant aus Frankreich erzeugt mithilfe der Präzisionsfermentation sogar Milch aus Milchprotein-DNA.

Tierfutter ohne Tierleid

„Fleisch in Tierfutter ist doch nur ein Abfallprodukt“ – von wegen! Tierfutter hält das System am Laufen, weil sich die Fleischproduktion erst damit rechnet: 1,8 Milliarden Euro wurden allein in Deutschland 2021 mit Katzenfutter umgesetzt, 1,7 Milliarden Euro mit Hundefutter.⁵Industrieverband Heimtierbedarf e. V. (2022): Der Deutsche Heimtiermarkt 2021, veröffentlicht am 21.04.2022. Online unter: https://www.ivh-online.de/der-verband/daten-fakten/der-deutsche-heimtiermarkt.html [20.10.2022] Umso wichtiger, dass auch hier angesetzt wird, um unser Ernährungssystem zu transformieren.

Zumindest Hunde können pflanzlich ernährt werden. Allerdings sind ihre Besitzer:innen oft nicht von der Idee abzubringen, dass in den Napf Fleisch gehört. Für sie stellt das junge Unternehmen Because Animals aus den USA Tierfutter aus zellkultiviertem Fleisch her: Kaninchenfleisch für Hunde und Mäuse-Cookies für Katzen – ganz ohne Tierleid.

Unterstützt wurde die New Food Conference 2022 von Simply V, Rügenwalder Mühle, Döhler, Planteneers, Lidl, Vemag Maschinenbau und Multivac.