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Pilze, Preise, kultiviertes Fleisch: die Trends der New Food Conference 2023
Kathleen Gerstenberg 7. November 2023
Am 25. und 26. Oktober 2023 drehte sich auf der New Food Conference in Berlin alles um die Entwicklungen im Markt alternativer Proteine. Rund 300 Gäste aus Industrie und Handel diskutierten vor Ort und online über die sich verändernden Essgewohnheiten der Bevölkerung und den damit verbundenen Wandel der Food-Branche.
Deutschland vergeht der Appetit auf Fleisch
Der Fleischkonsum in Deutschland geht spürbar zurück. Der aktuelle Ernährungsreport im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat ergeben, dass nur noch 20 % der Bevölkerung täglich Fleisch essen. 2015 waren es noch 34 %.1Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2023): Deutschland, wie es isst: Der BMEL-Ernährungsreport 2023, veröffentlicht am 13.10.2023. Online unter: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/ernaehrungsreport-2023.html [31.10.2023] Die New Food Conference im Kongress- und Tagungszentrum Axica in Berlin zeigte, wie die Zukunft unserer Ernährung aussehen kann – und wie sich Unternehmen darauf einstellen können.
Genuss ohne Aufpreis
Der Preis ist einer der wichtigsten Faktoren beim Einkauf – und pflanzliche Alternativen sind teils teurer als tierische Produkte. Das beweist die kürzlich veröffentlichte ProVeg-Preisstudie, die Studienautor Dirk Liebenberg auf der New Food Conference erstmals vorstellte. Noch immer kosten pflanzliche Produkte im Schnitt 25 % mehr als ihre tierischen Pendants. Allerdings hat sich der Aufpreis seit 2022 mehr als halbiert.
Das Thema hat Momentum: Im Oktober 2023 senkte Lidl die Preise der Produkte seiner veganen Eigenmarke Vemondo auf das Niveau vergleichbarer Tierprodukte. Kurze Zeit später zogen Kaufland, Penny und Aldi Süd nach. Mit ihrer Preispolitik entscheiden die Einzelhändler maßgeblich mit, was letztlich auf unserem Teller landet. Dass sie in Zeiten anhaltender Inflation öffentlichkeitswirksam die Preise für pflanzliche Alternativprodukte senken, ist ein starkes Signal, das im Markt für Bewegung sorgt.
„Die Preisgarantie von Lidl schafft eine starke Erwartungshaltung der Verbraucher:innen, die der Handel aus unserer Sicht nur schwer enttäuschen kann.“
Dirk Liebenberg
Senior Food Industry & Retail Project Manager bei ProVeg
ProVeg-Preisstudie 2023
Von Joghurt über Aufschnitt bis Pizza: ProVeg hat im Herbst 2023 erneut 12 Produktgruppen auf Preisunterschiede zwischen pflanzlichen Alternativen und ihren tierischen Pendants untersucht. Vegane Produkte sind teils teurer – aber die Preisdifferenz wird kleiner.
Veggie-Erfolgskurs im Außer-Haus-Markt
Bei Burger King ist mittlerweile jeder 5. verkaufte Whopper fleischlos. Mit einem wachsenden pflanzlichen Sortiment verfolgt das Unternehmen große Ambitionen: „Wir wollen die Rügenwalder Mühle des Food Service sein“, so Klaus Schmäing, Marketing-Chef der Burgerkette, auf der Bühne der New Food Conference.
Nicht nur die Markengastronomie, auch Mensen, Krankenhäuser, Schulen und Kindergärten sind entscheidend für eine pflanzliche Verpflegung im großen Stil. Der Caterer Planet V aus Mecklenburg-Vorpommern gab Einblicke in den Ausbau seiner Fertigmahlzeiten für Gesundheitseinrichtungen. Das niederländische Unternehmen Be Better My Friend berichtete über die Entwicklung seiner pflanzlichen Butter-Alternative speziell für Bäckereien und Konditoreien.
Planetary-Health-Mensa 2023: 5 wegweisende Vorreiter
Die Planetary-Health-Mensen zeigen, wie klimafreundliche, gesunde und nachhaltige Verpflegung aussehen kann. Betriebsgastronomie aufgepasst!
Pilze – das Fleisch von morgen?
Pilze sind groß im Kommen. Als Zutat für Fleisch- und Fischalternativen sind sie ideal, da ihr fadenförmiges Zellgeflecht – das Myzel – der Textur von Fleisch sehr nahekommen kann. Das Start-up BioGNR aus Litauen beispielsweise fermentiert Pilzprotein für pflanzliche Nuggets und Burger mit der faserigen Struktur von Hühner- oder Rindfleisch. Esencia Foods aus Berlin wiederum vermischt Myzelien mit Hülsenfrüchten für die ersten pilzbasierten Fischalternativen Europas.
Ebenfalls in Berlin züchtet Bosque Foods mit Nebenprodukten aus der Agrarindustrie Myzelien für ganze Speckstreifen, Schweinefilets und Chicken Nuggets auf pflanzlicher Basis. SomaTech aus Irland nutzt Biertreber für ein Myzel-Granulat. Und damit die Hersteller alternativer Proteine künftig schneller im großen Stil produzieren können, plant Planetary in der Schweiz eine industrielle Fermentationsanlage.
Bilder: ProVeg / Ronja Bossen
Kultiviertes Fleisch: Fortschritt in Europa
Fleisch aus Zellkulturen statt aus Massentierhaltung: Laut Nicolas Bureau, Cofounder & Director of Agriculture Cellulaire France, arbeiten derzeit rund 160 Firmen weltweit an kultiviertem Fleisch und Fisch – entsprechend wurde das Thema auch auf der New Food Conference heiß diskutiert. Bisher darf kultiviertes Fleisch nur in Singapur und in den USA verkauft werden. Ob und wann die EU das „Novel Food“ zulässt, ist noch offen.
Aber es gibt Fortschritte: In den Niederlanden darf kultiviertes Fleisch neuerdings verkostet werden. Außerdem hat The Cultivated B, ein Tochterunternehmen des deutschen Wurstherstellers Infamily Foods, als erstes Unternehmen der Welt bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) die Zulassung für ein zellkultiviertes Fleischprodukt beantragt.2Frankfurter Allgemeine Zeitung (14.09.2023): Gibt es bald den ersten zellbasierten Hotdog? Online unter: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/zellbasierter-hotdog-erstes-zulassungsverfahren-von-laborfleisch-in-europa-19173637.html [07.11.2023]
ProVeg für Unternehmen
ProVeg Corporate Engagement widmet sich dem wachsenden globalen Markt für pflanzliche Lebensmittel. ProVeg arbeitet dabei mit Produzenten, dem Einzelhandel und dem Außer-Haus-Markt zusammen, um mehr pflanzliche Produkte für Konsument:innen zu entwickeln und diese Waren leichter erhältlich zu machen.
Quellen[+]
↑1 | Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2023): Deutschland, wie es isst: Der BMEL-Ernährungsreport 2023, veröffentlicht am 13.10.2023. Online unter: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/ernaehrungsreport-2023.html [31.10.2023] |
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↑2 | Frankfurter Allgemeine Zeitung (14.09.2023): Gibt es bald den ersten zellbasierten Hotdog? Online unter: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/zellbasierter-hotdog-erstes-zulassungsverfahren-von-laborfleisch-in-europa-19173637.html [07.11.2023] |
Über die Autorin
Kathleen Gerstenberg
Content-Managerin
Unsere Autorin interessiert sich für gesunde Ernährung. Seit 2018 ist sie bei ProVeg, liebt Wortneuschöpfungen und jongliert als Content-Managerin mit Sprache, um noch mehr Menschen für eine pflanzliche Lebensweise zu begeistern.