Corporate Engagement
ProVeg-Preisstudie 2024: Pflanzlicher Warenkorb erstmals günstiger als tierischer
Kathleen Gerstenberg 7. November 2024
Erneut hat ProVeg stichprobenhaft die Preise pflanzlicher und tierischer Nahrungsmittel in deutschen Supermärkten verglichen und in der Preisstudie 2024 festgestellt: Der Trend geht weiter in Richtung Preisgleichheit. Zum ersten Mal wurde auch gezielt die Preisgestaltung von Markenprodukten untersucht.
Nachfrage nach Alternativprodukten steigt
Die Ernährung in Deutschland wandelt sich. Immer mehr Menschen entscheiden sich aus ökologischen, ethischen oder gesundheitlichen Gründen für pflanzliche Alternativen. Der Fleischkonsum ist hierzulande 2023 zum 5. Mal in Folge gesunken und hat damit einen neuen Tiefstand erreicht.1Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (04.04.2024): Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch sinkt auf unter 52 Kilogramm. Online unter: https://www.ble.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/240404_Fleischbilanz.html [01.10.2024] Die Produktion von Fleischalternativen stieg derweil von 2022 bis 2023 um 17 %2Statistisches Bundesamt (02.05.2024): Trend zu Fleischersatz ungebrochen: Produktion steigt 2023 um 16,6 % gegenüber dem Vorjahr. Online unter: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/05/PD24_N018_42.html [01.10.2024], der Absatz um 9,4 %.3Good Food Institute (25.10.2024): Entwicklung des Marktes für pflanzenbasierte Lebensmittel im deutschen Einzelhandel, 2021–2023 und erste Erkenntnisse für 2024. Online unter: https://gfieurope.org/de/wp-content/uploads/sites/2/2024/10/GFI-Europe-Entwicklung-des-Marktes-fuer-pflanzenbasierte-Lebensmittel-im-deutschen-Einzelhandel-2021-2023-Oktober-2024.pdf [28.10.2024]
Fachleute empfehlen pflanzenbetonte Ernährung
Auch von Gesundheitsinstitutionen kommt Rückenwind für pflanzenbetonte Ernährungsformen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat im März 2024 ihre Empfehlungen für den Verzehr von Fleisch und Milch gesenkt und empfiehlt nun einen höheren Anteil pflanzlicher Nahrungsmittel.4Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (05.03.2024): Gut essen und trinken – DGE stellt neue lebensmittelbezogene Ernährungsempfehlungen für Deutschland vor. Online unter: https://www.dge.de/presse/meldungen/2024/gut-essen-und-trinken-dge-stellt-neue-lebensmittelbezogene-ernaehrungsempfehlungen-fuer-deutschland-vor/ [01.10.2024] Darüber hinaus hat sie im Juni 2024 ihre Position zu einer pflanzlichen Ernährung geändert und die positiven Effekte auf Gesundheit und Umwelt herausgestellt.5Deutsche Gesellschaft für Ernährung (2024): Neubewertung der DGE-Position zu veganer Ernährung. Online unter: https://www.dge.de/wissenschaft/stellungnahmen-und-fachinformationen/positionen/neubewertung-der-position-zu-veganer-ernaehrung/ [01.10.2024]
Gesundheitsverbände appellieren an Einzelhändler
Im August 2024 wandten sich die Gesundheitsverbände Physicians Association for Nutrition (PAN), Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) und Verband der Diätassistenten (VDD) in einem offenen Brief an die großen Einzelhändler in Deutschland: Sie betonten die Wichtigkeit einer gesundheitsfördernden Ernährungsumgebung und forderten den Lebensmitteleinzelhandel nachdrücklich dazu auf, Kund:innen bei der Umsetzung einer pflanzenbetonten Ernährung zu unterstützen.
Pflanzlicher Warenkorb erstmals günstiger als tierischer
ProVeg hat 2024 erneut das Einkaufsverhalten der Verbraucher:innen nachgebildet und die Preisunterschiede zwischen Warenkörben mit jeweils 12 tierischen und 12 pflanzlichen Nahrungsmitteln verglichen. Hierfür wurden nur die günstigsten Produkte je Kategorie berücksichtigt.
Das Ergebnis der ProVeg-Preisstudie 2024 bestätigt den Trend des pflanzlichen Aufschwungs: 2024 zahlen Verbraucher:innen bei Lidl für einen pflanzlichen Warenkorb erstmals 0,61 € weniger als für einen tierischen. Bei Rewe ist der pflanzliche Warenkorb mit 0,62 € minimal teurer als der tierische. Im Schnitt ist die Preisdifferenz auf 16 % gesunken. Zum Vergleich: 2023 hatte der Preisunterschied zwischen den Warenkörben noch 25 % betragen, im Jahr zuvor sogar 53 %.
Methodik der ProVeg-Preisstudie 2024
Die Preisstudie hat 6 der umsatzstärksten Lebensmitteleinzelhändler Deutschlands in 9 Bundesländern untersucht (Anzahl der Standorte): Aldi Nord (4), Aldi Süd (4), Edeka (4), Kaufland (5), Lidl (6), Rewe (7).
Untersucht wurden die Preise von Produkten in 12 Kategorien: Aufschnitt, Bratwurst (auch Würstchen), Burger, Fischstäbchen, Frischkäse, Hack, Joghurt, Scheibenkäse, Kochcreme, Milch, Pizza, Schnitzel.
In jeder Kategorie wurde je Supermarkt der Kilopreis erfasst für:
- das günstigste tierische Produkt
- das teuerste tierische Produkt
- die günstigste pflanzliche Alternative
Betrachtet wurden dabei Produkte in ähnlicher Verpackungsgröße, orientiert an der Größe der günstigsten pflanzlichen Alternative.
Unterschieden sich die Preise für ein Produkt in verschiedenen Märkten desselben Händlers, wurde der Median der Produktpreise für die weiteren Berechnungen verwendet.
Für jede Kategorie wurden die Preise für das günstigste und das teuerste tierische Produkt ähnlicher Verpackungsgröße identifiziert („Preisspanne“). Die Einordnung der pflanzlichen Alternativprodukte erfolgte relativ dazu: günstiger oder gleich günstig, innerhalb der Preisspanne, teurer oder gleich teuer.
Die Preisstudie hat 3 der umsatzstärksten Vollsortimenter Deutschlands in 7 Bundesländern untersucht (Anzahl Standorte): Edeka (4), Kaufland (6), Rewe (8).
Untersucht wurden die Preise von Produkten von Markenherstellern in 10 Kategorien: Aufschnitt, Bratwurst, Burger, Fischstäbchen, Frischkäse, Joghurt, Streukäse, Kochcreme, Milch, Pizza.
Die Marke für die jeweilige Kategorie wurde bestimmt durch:
- Das Vorhandensein einer tierischen und einer pflanzlichen Variante des Produkts und deren Verfügbarkeit. Es wurden lediglich Vollsortimenter besucht, da hier eine höhere Produktverfügbarkeit zu erwarten war.
- Einen hohen Bekanntheitsgrad der Marke basierend auf Marktführeranalysen des jeweiligen Segments. Hat der Marktführer keine pflanzliche und tierische Version eines Produkts, wurde der Nächstplatzierte überprüft. Solange, bis dieses Kriterium erfüllt wurde.
Alle Preise wurden 2024 in den Kalenderwochen 35 und 37 erfasst.
Aktionsangebote, Großverpackungen
Preise für Alternativprodukte gesunken
Der Blick auf die einzelnen Produktkategorien bestätigt den Preistrend: In 9 der untersuchten 12 Produktkategorien sind die Preise für die pflanzlichen Alternativen im Vergleich zum Vorjahr im Schnitt gesunken, in der Kategorie Pflanzenmilch sind sie gleich geblieben. Nur bei Kochcreme und Fischstäbchen auf Pflanzenbasis ist eine leichte Verteuerung der Durchschnittspreise zu beobachten. Besonders eindrücklich ist der Preisabfall in der Kategorie Scheibenkäse: Kostete ein Kilogramm pflanzliche Käsealternative 2023 im Schnitt noch mehr als 13 €, sind es 2024 nur noch 8 €.
Verfügbarkeit bleibt ausbaufähig
Bei Lidl, Aldi Süd und Aldi Nord ist die Verfügbarkeit pflanzlicher Alternativen verglichen mit 2023 zurückgegangen. Hatten Lidl und Aldi Süd 2023 noch in jeder der untersuchten Kategorien eine pflanzliche Option im Regal, so fehlen in der ProVeg-Preisstudie 2024 eine Produktkategorie bei Lidl und 3 Produktkategorien bei Aldi Süd. Aldi Nord mangelt es an pflanzlichen Alternativen in ganzen 5 Kategorien – noch einer Kategorie mehr als 2023. Am zuverlässigsten lassen sich pflanzliche Alternativen bei Rewe und Kaufland finden.
Markenprodukte: Pflanzliche Alternativen seltener vorhanden und meist teurer
Während Eigenmarken häufig vor allem durch ihren Preis überzeugen, bieten Markenprodukte oft zusätzliche Qualitätsversprechen, ein höheres Maß an Vertrauen und eine stärkere Zielgruppenansprache. Allerdings werden oft pflanzliche Markenprodukte verglichen mit ihren tierischen Pendants derselben Marke mit einem Aufschlag verkauft: In 6 von 10 Kategorien ist das pflanzliche Markenprodukt teurer als das tierische. Der Preisaufschlag reicht von rund 9 % bis 63 %.
Bei Fischstäbchen ist das pflanzliche Markenprodukt laut ProVeg-Preisstudie 2024 günstiger, bei Streukäse gibt es keinen Preisunterschied. In den Kategorien Pizza und Joghurt war die pflanzliche Variante in keiner der untersuchten Filialen erhältlich. Insgesamt sind die pflanzlichen Markenprodukte deutlich seltener verfügbar als ihre tierischen Pendants.
Best Practice: Lidl steigert Absatz mit Veggie-Marke nach Preisanpassung
Der Einzelhandel kann mit gezielten Preissenkungen maßgeblich das Konsumverhalten steuern: Im April 2024 verkündete Lidl, den Absatz der pflanzlichen Eigenmarke Vemondo seit der Preisangleichung zu den tierischen Pendants innerhalb von 6 Monaten um 30 % gesteigert zu haben.
Aufruf an Politik und Handel
Die Preisanpassung pflanzlicher Alternativen spiegelt die steigende Nachfrage und strategische Anpassungen im Handel wider. Einzelhändler und Produzenten sollten diesen Trend weiter unterstützen, Preisvorteile für pflanzliche Produkte fördern und konkrete Zielsetzungen entwickeln.
Besonders wichtig ist die umfassende Verfügbarkeit pflanzlicher Eigenmarken der Händler. Die Preise pflanzlicher Markenprodukte sollten noch stärker denen der tierischen Pendants angepasst werden. Die Politik könnte zudem mit der dauerhaften Mehrwertsteuerbefreiung pflanzlicher Nahrungsmittel – einschließlich pflanzlicher Alternativen – zusätzlich einen starken Anreiz hin zu ökologisch und gesundheitlich vorteilhaften Konsumentscheidungen setzen.
Die Ergebnisse der ProVeg-Preisstudie 2024 auf einen Blick
- Erstmals ist ein pflanzlicher Warenkorb preislich attraktiver als sein tierisches Pendant, gefunden bei Lidl. Der Discounter löst damit sein Versprechen der Preisangleichung ein.
- Ein Warenkorb mit 12 pflanzlichen Alternativen ist im Schnitt 16 % teurer (2,59 €) als ein Warenkorb mit den tierischen Pendants. Im Jahr 2023 betrug der Preisunterschied noch 25 %, im Jahr 2022 sogar 53 %.
- Die Verringerung der Preisdifferenz geht vor allem auf Preissenkungen für pflanzliche Produkte zurück: In 9 der 12 untersuchten Produktkategorien sind die Preise für die pflanzlichen Alternativen im Schnitt niedriger als bei ihren tierischen Pendants.
- Die Verfügbarkeit ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken. Bis auf Milch und Schnitzel ist keines der pflanzlichen Produkte flächendeckend in allen Supermärkten zu finden.
- Pflanzliche Alternativprodukte gibt es noch immer häufig in unterdurchschnittlich kleinen Verpackungseinheiten, was den Kilopreis erhöht.
- Pflanzliche Alternativen von Markenherstellern sind oft teurer als das tierische Pendant und deutlich seltener im Sortiment der Supermärkte gelistet.
ProVeg für Unternehmen
ProVeg Corporate Engagement widmet sich dem wachsenden globalen Markt für pflanzliche Lebensmittel. ProVeg arbeitet dabei mit Produzenten, dem Einzelhandel und dem Außer-Haus-Markt zusammen, um mehr pflanzliche Produkte für Konsument:innen zu entwickeln und diese Waren leichter erhältlich zu machen.
Quellen[+]
↑1 | Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (04.04.2024): Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch sinkt auf unter 52 Kilogramm. Online unter: https://www.ble.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/240404_Fleischbilanz.html [01.10.2024] |
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↑2 | Statistisches Bundesamt (02.05.2024): Trend zu Fleischersatz ungebrochen: Produktion steigt 2023 um 16,6 % gegenüber dem Vorjahr. Online unter: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/05/PD24_N018_42.html [01.10.2024] |
↑3 | Good Food Institute (25.10.2024): Entwicklung des Marktes für pflanzenbasierte Lebensmittel im deutschen Einzelhandel, 2021–2023 und erste Erkenntnisse für 2024. Online unter: https://gfieurope.org/de/wp-content/uploads/sites/2/2024/10/GFI-Europe-Entwicklung-des-Marktes-fuer-pflanzenbasierte-Lebensmittel-im-deutschen-Einzelhandel-2021-2023-Oktober-2024.pdf [28.10.2024] |
↑4 | Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (05.03.2024): Gut essen und trinken – DGE stellt neue lebensmittelbezogene Ernährungsempfehlungen für Deutschland vor. Online unter: https://www.dge.de/presse/meldungen/2024/gut-essen-und-trinken-dge-stellt-neue-lebensmittelbezogene-ernaehrungsempfehlungen-fuer-deutschland-vor/ [01.10.2024] |
↑5 | Deutsche Gesellschaft für Ernährung (2024): Neubewertung der DGE-Position zu veganer Ernährung. Online unter: https://www.dge.de/wissenschaft/stellungnahmen-und-fachinformationen/positionen/neubewertung-der-position-zu-veganer-ernaehrung/ [01.10.2024] |
Über die Autorin
Kathleen Gerstenberg
Content-Managerin
Unsere Autorin interessiert sich für gesunde Ernährung. Seit 2018 ist sie bei ProVeg, liebt Wortneuschöpfungen und jongliert als Content-Managerin mit Sprache, um noch mehr Menschen für eine pflanzliche Lebensweise zu begeistern.