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ProVeg-Ranking 2022: die veganfreundlichsten Restaurantketten
Kathleen Gerstenberg 2. Mai 2022
Die Nachfrage nach pflanzlichen Angeboten steigt stetig. Wie veganfreundlich sind die Restaurantketten hierzulande mittlerweile? Was hat sich in den letzten 2 Jahren getan? ProVeg hat erneut die größten Player der Systemgastronomie unter die Lupe genommen.
Wer 2022 keine pflanzlichen Optionen bietet, verpasst den Anschluss
Egal, ob beim Essengehen mit der Familie oder im Freundeskreis: Oft ernährt sich in Gruppen mindestens eine Person vegan oder vegetarisch – und kann damit das Zünglein an der Waage sein, wenn es um die Auswahl des Restaurants geht. Wer 2022 noch immer nicht mit pflanzlichen Menü-Optionen aufwartet, lässt sich wertvolle Kundschaft entgehen. Auch die wachsende Zahl der Flexitarier:innen legt Wert auf ansprechende und abwechslungsreiche Gerichte auf Pflanzenbasis.
Hans im Glück führt das vegane Ranking an
Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Am Ende konnte sich Hans im Glück im Ranking 2022 durchsetzen. Die Burgerkette hat sich von Platz 6 im 2020-Ranking vorgearbeitet und überzeugt mit einem umfangreichen Angebot veganer und vegetarischer Burger. Darüber hinaus lassen sich alle Fleischburger-Optionen auch mit pflanzlichem Patty bestellen. Hinzu kommt eine große Auswahl veganer Salate, abwechslungsreiche Burgersoßen und kreative Nachtische.
Vor allem der enorme Ausbau in puncto Marketing und Kennzeichnung hat Hans im Glück dieses Jahr auf das Siegertreppchen gebracht. Und der Einsatz lohnt sich: Schon heute macht die Burgerkette laut eigenen Angaben über 30 % des Umsatzes mit dem vegan-vegetarischen Angebot.
Peter Pane und dean&david mit vielfältigem veganen Angebot
Peter Pane verteidigt souverän den 2. Platz und landet mit nur einer minimalen Punktedifferenz direkt hinter Hans im Glück. Auch hier überzeugt ein umfangreiches pflanzliches Speisenangebot. Zudem sticht die Burgerkette durch überzeugendes Marketing hervor: An „Peters Meatless Monday“ gibt es die pflanzlichen Burger günstiger. Dieser Aktionstag hat sich seit 2020 als festes Konzept etabliert und wird von den „Iss das grün“-Wochen und einer eigenen Veganuary-Aktion ergänzt.
Auch der Dritte, dean&david, konnte den Platz aus dem 2020-Ranking halten. Neben dem täglich wechselnden Angebot pflanzlicher Suppen, Sandwiches und Desserts fällt vor allem die vegane Hühnchen-Alternative auf, die wahlweise in allen Gerichten das tierische Pendant ersetzt – ohne Aufpreis.
Details und Hintergründe zum Ranking
Platz 1: Hans im Glück
- 84 Filialen in Deutschland
- alle Burger lassen sich mit einem veganen oder vegetarischen Patty bestellen
- große Auswahl an veganen Salaten, die als Bowl bestellt werden können
- digitale Speisekarte, die die verschiedenen Ernährungsformen abfragt und darauf basierend zum Beispiel ausschließlich pflanzliche Speisen und Getränke anzeigt
- „Veganer Sommer“-Aktion, bei der viele vegane Neuheiten entwickelt wurden (Burger, Bowls, Drinks)
- durchgehende Kennzeichnung von pflanzlichen Speisen mit Herz-Piktogramm, auch bei Desserts und Getränken
- Teilnahme am Veganuary
Platz 2: Peter Pane
- 45 Filialen in Deutschland
- starkes Marketing: Einführung des „Peters Meatless Monday“, bei dem vegane und vegetarische Burger vergünstigt angeboten werden
- „Iss das grün“-Wochen: für jeden verkauften Veggie-Burger wird ein Baum gepflanzt
- Piktogramm für die Kennzeichnung pflanzlicher Speisen
- nachhaltig bestrebt: kochen vollständig frei von Palmöl, Soja und GMO sowie ohne Zusatzstoffe und Geschmacksverstärker
Platz 3: dean&david
- 198 Filialen in Deutschland
- alle Hähnchengerichte können wahlweise mit einer veganen Chicken-Alternative (Planted Chicken) ohne Mehrkosten bestellt werden
- täglich wechselnde pflanzliche Suppen, Sandwiches, Flatbreads und Desserts
- Garnelen wurden aus dem Sortiment gestrichen
- heben pflanzliche Gerichte in ihrer Speisekarte optisch hervor, zum Beispiel „most planet-friendly meal“
- Piktogramm für die Kennzeichnung pflanzlicher Speisen
- Teilnahme am Veganuary
Platz 4: Mundfein
- 48 Filialen in Deutschland
- vegane Speisen im allgemeinen Menü integriert
- Möglichkeit, eine eigene Pizza zusammenzustellen
- diverse vegane Pizza- und Nudel-Optionen
- Pizzabrötchen mit veganer Käsealternative gefüllt
- viele Gerichte lassen sich auf Wunsch in rein pflanzliche umwandeln
- Piktogramm für die Kennzeichnung pflanzlicher Speisen
- Teilnahme am Veganuary
Platz 5: Vapiano
- 52 Filialen in Deutschland
- diverse Pizzen mit Salami-Alternative und pflanzlichem Käseschmelz sowie vegane Pasta-Variationen
- vegane Beilagen wie Salate und Bruschetta
- Aktion mit Fitness- und Lifestyle-Influencerin Pamela Reif
- einige Gerichte können auf Wunsch rein pflanzlich bestellt werden
- Piktogramm für die Kennzeichnung pflanzlicher Speisen
- Teilnahme am Veganuary
Platz 6: Domino’s
- 370 Filialen in Deutschland
- pflanzliche Pizza-Kreationen mit und ohne Fleischalternativen
- Zusammenstellung einer individuellen veganen Pizza möglich
- gutes Marketing: regelmäßige Bewerbung der pflanzlichen Gerichte auf Social-Media-Kanälen, Einbindung der Community
- Piktogramm für die Kennzeichnung pflanzlicher Speisen
- Teilnahme am Veganuary
Platz 7: Cafe Del Sol
- 32 Filialen in Deutschland
- Auswahl an veganen Currys, Burgern und Pasta-Gerichten
- Piktogramm für die Kennzeichnung pflanzlicher Speisen
- kein Marketing mit Fokus auf pflanzlichen Gerichten
Platz 8: Jim Block
- 12 Filialen in Deutschland
- bieten eine Auswahl an veganen Burgern, Beilagen und Soßen an
- Gäste können zwischen einem veganen Patty aus Kürbis und Chiasamen und einem „Beefless“-Patty auf Gemüsebasis wählen
- vegane Produkte durch Kennzeichnung deutlich erkennbar
Platz 9: Call a Pizza
- 118 Filialen in Deutschland
- Einführung einer veganen Thunfischalternative für Pizza-Kreationen
- kleiner Zusatz: „Mach’s veggie“, um Pizzen vegetarisch zu bestellen
- Veggie-Pizzen im Menü grün gekennzeichnet, Fleisch-Pizzen rot
- Piktogramm für die Kennzeichnung pflanzlicher Speisen
- Teilnahme am Veganuary
Platz 10: Enchilada
- 31 Filialen in Deutschland
- Auswahl an pflanzlichen Hauptspeisen: Tacos, Burritos, Fajitas, Burger, Salate
- breites Angebot an veganen Beilagen wie Pommes, Chips, Salate, mexikanischer Reis
- mehr als die Hälfte der Dips sind vegan
- Kennzeichnung: bei Gerichten kleiner Zusatz „auch vegan möglich“
Auswahl der Unternehmen: in Deutschland aktive Unternehmen im Quickservice- und Fullservice-Bereich (foodservice (2022): Top 100)
Eingrenzung: Betrachtung von Jahresumsatz, Anzahl der Betriebe, Verfügbarkeit einer digitalen Speisekarte
Ausschluss: Buffet-Restaurants, Back-Ketten und Kaffeehäuser
Vorgehen: Untersuchung des Angebots der Betriebe anhand online einsehbarer Speisekarten (Analysezeitraum: Kalenderwoche 10, 2022). Die Erhebung ist eine Momentaufnahme und berücksichtigt keine nach Kalenderwoche 10 eingeführten pflanzlichen Optionen oder Aktionen.
Bewertungssystem: Anzahl plus prozentualer Anteil veganer Gerichte am Gesamtsortiment der Hauptspeisen (max. 7 Punkte) sowie der Beilagen und Desserts (max. 5 Punkte). Zusätzlich: Marketing, Aktionen und Kennzeichnung (max. 3 Punkte)
Mitmachen: Egal, ob Quickservice, Fullservice oder Lieferdienst: An pflanzlichen Gerichten kommt niemand mehr vorbei. Wer 2022 noch immer nicht über vegan-vegetarische Menü-Optionen nachdenkt, riskiert, den Anschluss zu verpassen.
Angebote kommunizieren: Marketing, Kennzeichnung und Nudging sind wichtige Werkzeuge, um besonders die flexitarische Zielgruppe zu erreichen.
Auf Konsistenz achten: Vor allem bei der Einführung neuer pflanzlicher Optionen ist es wichtig, dass Gerichte korrekt ausgepriesen sind, Allergenlisten stimmen und Mitarbeitende geschult sind.
Dran bleiben: Wer die vegane und vor allem die flexitarische Zielgruppe dauerhaft an sich binden möchte, muss neue Entwicklungen und Trends mitverfolgen und das eigene pflanzliche Portfolio kontinuierlich verbessern.
Pflanzlich als ganzheitliches Konzept denken – und kommunizieren
Was auffällt: Pflanzliche Hauptgerichte allein reichen heute nicht mehr aus. Wer wirklich mit vegan-vegetarischem Angebot überzeugen möchte, muss auch die eigene Kommunikation danach ausrichten. Aktionswochen, durchdachtes Nudging und ansprechende Gestaltung der pflanzlichen Optionen sind essenziell, um die Zielgruppe zu erreichen. Die Top-Platzierten überzeugen mit proaktiver Bewerbung, pflanzlichen Desserts und ansprechenden Piktogrammen.
Vegan-Kennzeichnung: die Wahl der passenden Begriffe
Vegan, pflanzlich, fleischfrei – für die Kennzeichnung von pflanzenbasierten Gerichten gibt es eine Vielzahl von Begriffen. Doch nicht jede Bezeichnung wird von den Gästen gleichermaßen verstanden.
Vegane Alternativen zu Fleisch und Käse mittlerweile weit verbreitet
Bemerkenswert ist, dass veganer Käse und pflanzliche Fleischalternativen bei immer mehr Ketten als fester Bestandteil angekommen sind. Die Palette reicht von Salami-Alternative über pflanzliche Hähnchenfilets bis hin zu veganen Garnelen. Die Top-Platzierten im Ranking haben zudem fast alle eine pflanzliche Käsealternative, allerdings teilweise mit Aufpreis.
New Food Conference 2022
Die New Food Conference ist Europas größte Konferenz zu alternativen Proteinen und hat die ganze Wertschöpfungskette im Blick – von Produktion über Einzelhandel bis Gastronomie. Besuchen Sie uns am 29. und 30. September 2022 in Berlin und werden Sie Teil dieser wegweisenden Veranstaltung!
Kennzeichnung, Preisvorteile, Desserts: Hier ist noch Luft nach oben
Die Top-Platzierten machen vor, wo andere noch nachbessern können: Insgesamt setzt die Gastronomie bei Aktionswochen und Social-Media-Beiträgen den Fokus noch sehr auf Fleisch. Wenn pflanzliche Aktionswochen stattfinden, dann häufig ohne Preisvorteil. Auch die Kennzeichnung vegan-vegetarischer Gerichte ist bei vielen nicht durchgängig: Häufig sind vegane Hauptgerichte als solche gekennzeichnet, regulär rein pflanzliche Beilagen wie Pommes und Zwiebelringe allerdings nicht.
Teilweise werden Gerichte als vegan oder vegetarisch ausgelobt, sind es aber beim Blick auf die Allergenliste gar nicht. Die Gastronomie riskiert damit nicht nur allergische Reaktionen bei den Gästen, sondern auch die eigene Glaubwürdigkeit. Ein weiterer Knackpunkt sind branchenübergreifend die Desserts: Hier gingen vielen Restaurantketten wertvolle Ranking-Punkte verloren.
Kleine Ketten haben es schwer, Lieferdienste boomen
2 Jahre Pandemie haben das Essverhalten in Deutschland eindrücklich verändert. Lieferdienste haben ein enormes Wachstum verzeichnet. Aufgrund ihrer starken Präsenz werden sie daher erstmals im Ranking berücksichtigt. Kleinere Ketten hingegen standen insbesondere wegen der Gastroschließungen unter enormem Druck. So hat es nur knapp die Hälfte der Top 10 aus dem Ranking von 2020 ins diesjährige Ranking geschafft.
Die Nummer eins von damals, die japanisch-inspirierte Kette MoschMosch, taucht dieses Jahr im Ranking nicht auf. Grund dafür: MoschMosch ist nicht mehr in den Top 100 der umsatzstärksten Systemketten. Das gleiche gilt für Frittenwerk, Sushi Circle und immergrün – alles Top-10-Platzierte 2020.
Am Ball bleiben
Das Gebot der Stunde lautet: dranbleiben. Wer mit dem eigenen vegan-vegetarischen Portfolio stagniert, wird im stetig wachsenden Markt abgehängt. Schon heute sehen wir bis ins Mittelfeld hinein ein gutes Angebot an pflanzlichen Optionen. Top-Plätze gibt es nur für diejenigen, die sich ganzheitliche Konzepte überlegen, ein breites Veggie-Angebot haben und dieses auch kommunizieren. Das Potenzial ist dabei noch lange nicht ausgeschöpft: Es gibt Raum für verbesserte Rezepturen, neue Kommunikationsstrategien und kreatives Nudging, bei Top-Platzierten ebenso wie im Mittelfeld.
„Plant-based“ stärkt die Nachhaltigkeit von Unternehmen
Auch 2022 gilt: Es gibt genug zu tun. Die Zielgruppe wächst stetig und der Veggie-Markt ist in Bewegung. Gerade diejenigen, die noch immer zögerlich die Entwicklung von außen verfolgen, müssen sich jetzt ranhalten. Pflanzenbetonte Ernährung ist kein Trend, sondern eine grundsätzliche Veränderung der Essgewohnheiten. Hier liegt auch ein klarer Aufruf an die Produzenten: Es gilt, hochwertige pflanzliche Alternativen im Großgebinde zu entwickeln und in die Restaurants zu bringen.
Unternehmen haben die Chance, diesen Wandel im Gastrobereich entscheidend mitzuprägen und gleichzeitig ihrer Corporate Social Responsibility, also ihrer gesellschaftlichen Unternehmensverantwortung, nachzukommen. Zukunftsorientiertes Wirtschaften, glaubhafte Nachhaltigkeitsmaßnahmen und langfristige Kundenbindung: „Plant-based“ macht’s möglich.
Über die Autorin
Kathleen Gerstenberg
Content-Managerin
Unsere Autorin interessiert sich für gesunde Ernährung. Seit 2018 ist sie bei ProVeg, liebt Wortneuschöpfungen und jongliert als Content-Managerin mit Sprache, um noch mehr Menschen für eine pflanzliche Lebensweise zu begeistern.