Politik
Trilog abgeschlossen: Kommt jetzt die nötige EU-Agrarreform?
Yannick Beinecke 15. Juli 2021
Die unlängst beschlossene Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union (EU) für die nächsten Jahre wird von vielen Seiten kritisiert. Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, verkauft die Einigung als große Agrarreform und Systemwechsel für den Schutz von Klima und Umwelt. Doch ist sie das wirklich?
Kritik des Europäischen Rechnungshofs an der EU-Agrarreform
Im Trilog des EU-Parlaments, der EU-Staaten und der EU-Kommission wurde nach langem Ringen ein Kompromiss für die neue GAP gefunden. Einige Tage vor der EU-Agrarreform hatte der Europäische Rechnungshof die fehlende Wirksamkeit der Agrarsubventionen für den Klimaschutz bemängelt.1Berthold, R. (2021): ECA blasts CAP as Trilogue strikes deal on reform. EVU. Online unter: https://www.euroveg.eu/eca-blasts-cap-as-trilogue-strikes-deal-on-reform/ [12.07.2021] In dem Bericht des Rechnungshofs steht – neben der Förderung einer höheren Biodiversität in der Landwirtschaft – die Senkung des Ausstoßes von Treibhausgasen in der Tierhaltung im Fokus. Die Prüfenden kritisieren, dass diese Emissionen zwischen 2010 und 2018 nicht gesunken seien.
Als zentrales Mittel für die Reduktion der Emissionen sollte die Produktion sowie der Konsum von Tierprodukten reduziert werden. Dieser Bereich wurde laut dem Bericht des Rechnungshofs vor der jetzt beschlossenen EU-Agrarreform durch die GAP-Subventionen nicht angegangen. Durch die Subvention von Werbung für Produkte tierischen Ursprungs werde der Konsum im Gegenteil sogar gefördert.2Europäischer Rechnungshof (2021): Gemeinsame Agrarpolitik und Klima: Landwirtschaft erhält Hälfte der Klimaschutzausgaben der EU, aber Emissionen gehen nicht zurück. Online unter: https://www.eca.europa.eu/en/Pages/DocItem.aspx?did=58913 [12.07.2021]
EU-Agrarreform: zu wenig, zu unkonkret
Die GAP stellt mit 387 Milliarden Euro, die bis 2027 an Landwirtinnen und Landwirte ausgeschüttet werden sollen, den größten Posten des EU-Haushalts.3Spiegel Online (2020): EU-Parlament stimmt für umstrittene Agrarreform. Online unter: https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/eu-parlament-stimmt-fuer-umstrittene-agrar-reform-a-a5a57c02-9fdb-4738-b074-ae6727e74ff8 [12.07.2021]
Das macht die Agrarsubventionen potenziell zu einem Instrument mit großer Lenkungswirkung im Kampf gegen den Klimawandel. Die Neuerungen nach der EU-Agrarreform erlauben aber immer noch, dass ein Großteil der Gelder ohne Bindung an Kriterien der Klimaverträglichkeit verteilt werden. Das einzige Kriterium für die Höhe der Fördergelder pro Betrieb bleibt bei 75 % der Subventionen die Fläche.
Für die neu eingeführten Öko-Regelungen fehlt eine klare Zielrichtung. Es gibt lediglich einen Katalog, aus dem förderbare Maßnahmen durch die Mitgliedsstaaten ausgewählt werden können.4Europäische Kommission (2021): Reform der Agrarpolitik: Kommission veröffentlicht Liste möglicher Öko-Regelungen. Online unter: https://ec.europa.eu/germany/news/20210114-reform-agrarpolitik_de [14.07.2021] Damit wird eine große Chance auf mehr zielgerichteten Klimaschutz in der Landwirtschaft der EU vertan und für weitere 7 Jahre klimaschädliche Landwirtschaft subventioniert.
Vorschläge für eine EU-Agrarreform, die den Klimaschutz fokussiert
Es gibt zahlreiche Vorschläge, wie eine Agrarreform zum Schutz des Klimas aussehen könnte. Leider kam der ambitionierte Abschlussbericht der Zukunftskommission Landwirtschaft zu spät. Der Fokus der Agrarreform hätte auf einer Förderung pflanzlicher Proteine und konkreten Maßnahmen zum Abbau von Haltungszahlen in der Nutztierhaltung liegen müssen. Außerdem müsste die Subventionierung von Werbung für tierische Produkte dringend eingestellt werden.
Ein wirklicher Systemwechsel sieht anders aus
Ein wirklicher „Systemwechsel“, von dem Julia Klöckner in ihrem Statement zur Einigung5BMEL (2021): Statement Bundesministerin Klöckner zur Trilog-Einigung zur GAP. Pressemitteilung vom 25.06.2021. Online unter: https://www.bmel.de/SharedDocs/Meldungen/DE/Presse/2021/210625-gap.html [14.07.2021] spricht, ist die EU-Agrarreform nicht. Da die Umsetzung der Öko-Regelungen stark von den Mitgliedstaaten abhängt, ist die Wirksamkeit der Reform für den Klimaschutz noch schwer einzuschätzen. Klar ist jedoch, dass die vom Europäischen Rechnungshof zu Recht bemängelten Punkte auch durch die neuen Öko-Regelungen nicht mit der eigentlich nötigen Konsequenz angegangen werden. So verliert Europa wichtige Jahre auf dem Weg zu einem wirklichen Systemwechsel hin zu einer zukunftsfähigen Landwirtschaft.
Quellen[+]
↑1 | Berthold, R. (2021): ECA blasts CAP as Trilogue strikes deal on reform. EVU. Online unter: https://www.euroveg.eu/eca-blasts-cap-as-trilogue-strikes-deal-on-reform/ [12.07.2021] |
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↑2 | Europäischer Rechnungshof (2021): Gemeinsame Agrarpolitik und Klima: Landwirtschaft erhält Hälfte der Klimaschutzausgaben der EU, aber Emissionen gehen nicht zurück. Online unter: https://www.eca.europa.eu/en/Pages/DocItem.aspx?did=58913 [12.07.2021] |
↑3 | Spiegel Online (2020): EU-Parlament stimmt für umstrittene Agrarreform. Online unter: https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/eu-parlament-stimmt-fuer-umstrittene-agrar-reform-a-a5a57c02-9fdb-4738-b074-ae6727e74ff8 [12.07.2021] |
↑4 | Europäische Kommission (2021): Reform der Agrarpolitik: Kommission veröffentlicht Liste möglicher Öko-Regelungen. Online unter: https://ec.europa.eu/germany/news/20210114-reform-agrarpolitik_de [14.07.2021] |
↑5 | BMEL (2021): Statement Bundesministerin Klöckner zur Trilog-Einigung zur GAP. Pressemitteilung vom 25.06.2021. Online unter: https://www.bmel.de/SharedDocs/Meldungen/DE/Presse/2021/210625-gap.html [14.07.2021] |
Über den Autor
Yannick Beinecke
Political Outreach Intern