„Unser Menü ist vielseitiger und bunter geworden“

Ein Gespräch mit Sören Hilschenz, Abteilungsleiter Hochschulgastronomie, Studentenwerk Frankfurt (Oder).

Das Studentenwerk Frankfurt (Oder) gehört zu den veganfreundlichsten in Deutschland. Auf die Vorgeschichte sind wir neugierig – wie fing es an?

Schon als ich im Januar 2020 die Leitung der Hochschulgastronomie im Studentenwerk Frankfurt (Oder) übernahm, war das Bewusstsein für die Bedeutung von pflanzenbasiertem Essen in den Mensen in Eberswalde ausgeprägter als an anderen Standorten. An der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) gab es schon länger ein starkes Interesse an einer nachhaltigen Mensa, die natürlich auch ein gutes veganes Angebot voraussetzt.

Im Rahmen eines Strategieworkshops 2020 tauchte der Vorschlag auf, täglich ein veganes und ein vegetarisches Essen und generell nur noch 2 Fleischgerichte pro Woche anzubieten. Das hat uns ehrlich gesagt ziemlich überrumpelt. Wir haben uns jedoch auf einen Versuch eingelassen. Dabei hatten wir viel Unterstützung: Die HNEE hat eine Stelle für Klimaschutzmanagement. Außerdem gibt es eine AG „Nachhaltigkeitsmensa“ mit sehr engagierten Studierenden. Mit diesen Akteuren gab und gibt es einen regelmäßigen Austausch und immer wieder frischen Input.

Wir wissen, dass wir durch die fleischfreien Tage einige Gäste verloren haben, aber auch viele Studierende neu in der Mensa begrüßen dürfen. Wir haben ein gutes Bauchgefühl, deshalb führen wir das Angebot so weiter.

 Plan(t)s for Professionals: Tipps für die Gemeinschaftsverpflegung
„Plan(t)s for Professionals“ widmet sich aktuellen Ernährungstrends und den Zielgruppen, die die rasant steigende Nachfrage nach pflanzlichen Lebensmitteln antreiben und gibt Unternehmen im Food-Service-Sektor praxistaugliche Tipps, wie sie diese Nachfrage bedienen können.

Jede Veränderung braucht Zeit und Einsatz. Wie haben Sie den Übergang gestaltet?

Wareneinsatz und Kalkulation – ist ein pflanzliches Speisenangebot teurer?

Grundsätzlich sind pflanzliche Gerichte günstiger als Fleischgerichte. Natürlich müssen gleiche Qualitätskriterien verglichen werden, also nicht der Premium-Bio-Tofu mit dem günstigsten Fleisch. Fleischalternativen würde ich von dieser Regel auch ausnehmen. Die vegetarischen Gerichte schneiden preislich meist noch etwas besser ab als die veganen, was vor allem an den höheren Preisen für Milchalternativen liegt.

Wie haben Sie Ihr Team überzeugt?

Im Großen und Ganzen stehen die Beschäftigten hinter dem neuen Speiseplan, selbst wenn bei manch einem der Kühlschrank zu Hause noch anders gefüllt ist. Der tägliche Kontakt mit den Studierenden und die Auseinandersetzung mit pflanzlicher Ernährung helfen, Vorurteile gegenüber der veganen Küche im Team abzubauen.

Pflanzliche Ernährung
Eine pflanzenbasierte Ernährung findet immer größeren Anklang in der Bevölkerung und ist heutzutage einfacher denn je. Was essen Veganer:innen, auf welche Nährstoffe kommt es an und welche Alternativen zu Tierprodukten gibt es?

Was sind Ihre aktuellen Herausforderungen?

Unser Speiseplan soll möglichst zentral gestaltet sein, das heißt, alle Mensen sollen von Neuerungen gleichermaßen profitieren. Einzelne fleischfreie Tage stellen allgemein kein Problem dar. Aber nicht alle Gäste und Beschäftigten stehen diesen Veränderungen gleichermaßen offen gegenüber.

Dies wird glücklicherweise durch viel Zuspruch auf der anderen Seite wieder abgemildert. Wir wollen natürlich für die breite Masse an Studierenden attraktiv sein. Ein erstklassiges Nachhaltigkeitskonzept allein nützt wenig, wenn die Wahl dann auf den Döner um die Ecke fällt. Diesen Balanceakt müssen wir ständig meistern.

Davon abgesehen stehen wir vor den gleichen Herausforderungen wie die gesamte Gastro-Branche. Einkaufspreise erhöhen sich sprunghaft, Lieferungen sind oft nicht verfügbar und langfristige Planungen sind erschwert.

Wie kommt das Veggie-Angebot an?

Was sind die beliebtesten veganen Gerichte?

Spaghetti mit Grünkernbolognese, der bunte Falafelteller, Frikassée aus Tofu-Gemüse und diverse Gerichte mit Pommes wie Poutine.

Ein paar Zahlen sind für uns auch sehr interessant.

Wie hat sich der Anteil veganer Gerichte im Verlauf der Zeit verändert?

In Eberswalde bieten wir 49 % der Gerichte vegan an, 29 % vegetarisch, 14 % mit Fleisch und 7 % mit Fisch. In der Vergangenheit war es deutlich mehr Fleisch und weniger vegan.

Wie haben sich die Bestellmengen verändert?

Eine saubere Auswertung ist wegen der allgemein zurückgegangenen Nachfrage während Corona nicht möglich.

Wie sieht das Mensa-Angebot der Zukunft aus – speziell bei Ihnen und im Allgemeinen?

Was ist Ihr größter Erkenntnisgewinn aus der Umstellung auf einen nachhaltigeren Speiseplan?

Ein Aha-Erlebnis für viele ist, wie viele verschiedene pflanzliche Gerichte es gibt und wie schön bunt das Essen dann auch aussehen kann. Auch von den unterschiedlichen Geschmacksrichtungen sind einige der Gäste überrascht.

Was möchten Sie Kolleg:innen mit auf den Weg geben, die ihr Menü pflanzenbasierter gestalten wollen?

Stellt den Verzicht nicht in den Vordergrund! Das Ausrufen eines „Veggie-Days“ provoziert einige Menschen und erzeugt ein Gefühl von Einschränkung. Gestaltet einen Speiseplan mit attraktiven pflanzlichen Gerichten. Im besten Fall fällt nur auf, wie viel bunter und vielseitiger das Menü geworden ist.

ProVeg Food Services
ProVeg Food Services bietet umfassende Serviceleistungen für die Gemeinschaftsgastronomie. Mit Beratung, Kochtrainings und Kontakten zu Herstellern unterstützen wir Sie dabei, Ihr pflanzliches Angebot auf- und auszubauen.

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