„Vegan schmeckt richtig lecker und sieht gut aus“

Ein Gespräch mit Michéle Paschke, Leiterin der Abteilung Mensen und Cafeterien, Studentenwerk Potsdam.

Das Studentenwerk Potsdam gehört zu den veganfreundlichsten in Deutschland. Auf die Vorgeschichte sind wir neugierig – wie fing es an?

Unsere Studierenden hatten schon seit den Gründungszeiten des Studentenwerks Potsdam den Wunsch, sich vegetarisch zu ernähren – damals noch ein relativ kleiner Kreis. Und obwohl der Speiseplan vor 30 Jahren vor allem von Fleisch und deftigem Essen geprägt war, stand täglich auch ein vegetarisches Gericht zur Auswahl. 2010 gab es erstmals veganes Essen, das Gäste sich aus pflanzlichen Komponenten zusammenstellen konnten. Später haben wir auch vollwertige vegane Gerichte angeboten. Auch vegan belegte Brötchen und süße Backwaren kamen ins Sortiment.

Die Vorzüge des veganen Essens sind auf dem Campus mittlerweile flächendeckend angekommen. Wir ruhen uns darauf aber keinesfalls aus, denn die Erwartungen an richtig gutes veganes Essen sind stets im Wandel. Wir wollten unseren Speiseplan daher vielfältiger, frischer und mutiger aufstellen. Zuletzt haben wir eine Vielzahl neuer Gerichte aufgenommen, Rezepte überarbeitet und den „Veggie-Wednesday“ eingeführt.

 Plan(t)s for Professionals: Tipps für die Gemeinschaftsverpflegung
„Plan(t)s for Professionals“ widmet sich aktuellen Ernährungstrends und den Zielgruppen, die die rasant steigende Nachfrage nach pflanzlichen Lebensmitteln antreiben und gibt Unternehmen im Food-Service-Sektor praxistaugliche Tipps, wie sie diese Nachfrage bedienen können.

Jede Veränderung braucht Zeit und Einsatz. Wie haben Sie den Übergang gestaltet?

Wareneinsatz und Kalkulation – ist ein pflanzliches Speisenangebot teurer?

Beim veganen Angebot spielt Gemüse natürlich eine wichtige Rolle. Das versuchen wir, wann immer es geht, saisonal einzusetzen. Dann ist es auch nicht unbedingt teurer. Zudem verwenden wir auch Tiefkühlgemüse, das gerade im Winter für Abwechslung sorgt und im Preis eher stabil ist. Kostentreiber beim veganen Essen – wie auch bei der Mischkost – sind hochwertige Proteinkomponenten wie Nüsse und Samen oder Bratlinge auf Soja- und Weizenbasis. Vegane Fleischalternativen sind ebenfalls nicht gerade günstig im Einkauf. Wir versuchen dennoch, auch solche Produkte anzubieten.

Wie haben Sie Ihr Team überzeugt?

Die wichtigste Vorarbeit haben die Studierenden geleistet. Die Nachfrage nach pflanzlichen Gerichten war einfach groß. Wir haben dann bei unseren Mitarbeitenden für eine aktive Beteiligung bei der Gestaltung des Speiseplans geworben. Zudem hat das Team, das für Produktmanagement und Einkauf zuständig ist, seinen Blick geweitet. Im Ergebnis ist ein Speiseplan entstanden, der der veganen Küche deutlich mehr Raum bietet.

Mit der Einführung des „Veggie-Wednesday“ wurde das Thema dann noch einmal gebündelt transportiert und kommuniziert. Die Akzeptanz ist groß: Die Gerichte kommen super an und das Feedback wurde von den Studierenden direkt an die Teams weitergegeben. Nun ist das Eis gebrochen und die Neugier auf mehr vegan bei den Mitarbeitenden geweckt. Ein zuletzt organisierter Kochkurs mit ProVeg für die Mitarbeitenden in den Küchen kam genau zur richtigen Zeit. Er traf auf viel Zuspruch und wird auch künftig ein Bestandteil der Fortbildungen sein.

ProVeg Food Services
ProVeg Food Services bietet umfassende Serviceleistungen für die Gemeinschaftsgastronomie. Mit Beratung, Kochtrainings und Kontakten zu Herstellern unterstützen wir Sie dabei, Ihr pflanzliches Angebot auf- und auszubauen.

Was sind Ihre aktuellen Herausforderungen?

Wie derzeit überall in der Gemeinschaftsgastronomie: Steigende Kosten, Lieferschwierigkeiten, personelle Engpässe, fehlende Vielfalt von Fleischalternativen im Großgebinde. Wir möchten weder an Qualität einbüßen noch den ohnehin schon nicht sehr üppig gefüllten Geldbeutel der Studierenden überstrapazieren. Das ist ein riesiger Spagat.

Wie kommt das Veggie-Angebot an?

Was sagen die Studierenden dazu?

Bei den Studierenden kommt das vegane Angebot sehr gut an. Auch bei vielen Mitarbeitenden der 5 Hochschulen, an denen wir Mensen und Cafeterien betreiben, konnten wir mit dem neuen Konzept punkten. Und die Kritiker:innen versuchen wir weiterhin, mit Qualität, frischen Produkten und vielfältigen Rezepten zu überzeugen.

Was sind die beliebtesten veganen Gerichte?

Trendgerichte aus der „Texmex“-Richtung laufen bei uns sehr gut, etwa die Burrito-Bowl ist sehr beliebt. Pastagerichte und Burger sind ebenfalls häufiger in der Top 5. Aber auch heimisch inspirierte Speisen kommen gut an, zum Beispiel unsere Zucchini-Gemüsepfanne mit Grünkern und Haferflocken-Haselnuss-Crunch.

Nachhaltigkeit fördern durch Nudging
Welches Essen wir bestellen, wird oft von unserer Umgebung beeinflusst. Durch die bewusste Präsentation von Gerichten lässt sich das Kaufverhalten von Gästen beeinflussen.

Ein paar Zahlen sind für uns auch sehr interessant.

Wie hat sich der Anteil veganer Gerichte im Verlauf der Zeit verändert?

Bis 2010 hatten wir kein wirkliches Angebot an veganen Gerichten. Zwischen 2010 und 2015 haben wir verschiedene vegane Komponenten angeboten, aber keine vollständigen Hauptgerichte. Seit 2015 gibt es bei uns mindestens ein veganes Hauptgericht pro Tag in jeder Mensa. Dieses Angebot haben wir 2021 weiter ausgeweitet. Auch an der veganen Zwischenversorgung und an Desserts sind wir gerade dran.

Werden vegane Gerichte zu anderen Preisen angeboten als ähnliche Gerichte mit tierischen Zutaten?

Alle Gerichte werden nach Warenwert den Menü-Linien zugeordnet. So gibt es in allen Linien im Lauf der Woche alle Verpflegungskategorien. Das günstigste Essen kostet für Studierende derzeit 1,90 €. Wir achten darauf, das preiswerteste Essen abwechselnd für alle Ernährungsweisen anzubieten.

Pflanzliche Ernährung
Eine pflanzenbasierte Ernährung findet immer größeren Anklang in der Bevölkerung und ist heutzutage einfacher denn je. Was essen Veganer:innen, auf welche Nährstoffe kommt es an und welche Alternativen zu Tierprodukten gibt es?

Wie sieht das Mensa-Angebot der Zukunft aus – speziell bei Ihnen und im Allgemeinen?

Was ist Ihr größter Erkenntnisgewinn aus der Umstellung auf einen nachhaltigeren Speiseplan?

Vegan schmeckt richtig lecker und sieht gut aus. Davon sind mittlerweile sowohl das Küchenpersonal als auch die Gäste überzeugt. Alle Neuerungen werden immer auch auf Nachhaltigkeit überprüft. Wir sind und bleiben also weiterhin auf dem richtigen Weg.

Was möchten Sie Kolleg:innen mit auf den Weg geben, die ihr Menü pflanzenbasierter gestalten wollen?

Mit Mut an die Sache herangehen, sich lieber ein bisschen mehr trauen als zu vorsichtig zu sein und für das Team die Hilfe von Profis wie ProVeg in Anspruch nehmen. Außerdem konsequent dranbleiben – auch bei vereinzelten, aber sehr lauten kritischen Stimmen. Die Gäste lassen sich durch gute Gerichte überzeugen. Außerdem darf bei Studierenden das vegane Junkfood nicht fehlen. Das hilft auch, die Kritiker:innen umzustimmen, denn: Burger geht immer.

„Powered by Plants“: Pflanzliche Menü-Linie von Eurest auf Wachstumskurs
Deutschlands größter Betriebscaterer hat 2020 in Zusammenarbeit mit ProVeg eine rein pflanzliche Menü-Linie entwickelt. Nach einer erfolgreichen Pilotphase wurde das Angebot weiter ausgerollt.

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