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Politik
Die Benennung vegetarischer und veganer Lebensmittel
Pflanzliche Fleischalternativen boomen und gehören mittlerweile zum Standardrepertoire eines jeden Supermarktes. Zusammen mit der Nachfrage nach vegan-vegetarischen Produkten baut sich auch deren Angebot weiter aus. Lebensmittel wie “Vegane Leberwurst”, “Vegetarischer Schinken” oder “Veggie-Salami” lassen sich nun vermehrt im Lebensmitteleinzelhandel finden.
Die Zulässigkeit von Begriffen wie „Vegetarischer Schinken“ oder „Vegane Leberwurst“ wurde bereits mehrfach von Gerichten bestätigt. 1AG Neuss (1988): Urteil v. 18.04.1988 – 10 OWiG 18 Js 1948/87, Keine Irreführungs- oder Verwechslungsgefahr, wenn ein fleischloses Soja-Produkt unter der Bezeichnung Wurst in den Verkehr gebracht wird, § 17 Abs 1 Nr 2 LMG, § 7 Abs 1 Nr 5 Buchst b LMG, Online unter https://www.juris.de/jportal/prev/KORE501349009 [20.12.2016] Schließlich wird aus diesen gebräuchlichen Bezeichnungen für Konsumierende nicht nur deutlich, dass in den Produkten kein Fleisch beziehungsweise keine tierischen Bestandteile enthalten sind, sie vermitteln den Verbraucher:innen auch, welche Eigenschaften sie von den Erzeugnissen erwarten können: etwa den Geschmack, das Aussehen oder die Textur betreffend. So wird den Verbraucher:innen eine informierte und selbstbestimmte Konsumentscheidung ermöglicht.
Bauernverband und Fleischer-Verband sehen Verwechslungsgefahr
Eine gegensätzliche Meinung wird von anderen Interessengruppen vertreten. Eine Benennung wie „Veganes Schnitzel“ sei „irreführend und verbrauchertäuschend“, so der Deutsche Bauernverband (DBV). 2DBV (2016): Schinkenimitate sind keine Schinken, Pressemitteilung v. 19.10.2016, Online unter http://www.bauernverband.de/schinkenimitate-sind-kein-schinken[20.12.2016] Der Deutsche Fleischer-Verband (DFV) sieht es ähnlich: Die bisher gebräuchlichen Bezeichnungen von Fleischalternativen könnten zu „Verbrauchertäuschungen und Verwechslungen führen“. 3DFV (2016): Auf die inneren Werte kommt es an, Pressemitteilung v. 29.07.2016, Online unter http://www.fleischerhandwerk.de/presse/pressemitteilungen/auf-die-inneren-werte-kommt-es-an.html [20.12.2016]
Den Behauptungen des DBV und des DFV fehlt es an faktischen Grundlagen. Es gibt keine empirischen Hinweise darauf, dass Verbraucher:innen durch vegane oder vegetarische Fleischalternativen verwirrt oder in die Irre geführt werden. Das Gegenteil bestätigen nicht nur die Erfahrungen der produzierenden Unternehmen vegan-vegetarischer Produkte, sondern auch eine repräsentative Umfrage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv). Hierbei gaben lediglich 4 Prozent aller Befragten an, statt eines tierischen oder fleischhaltigen Produktes versehentlich ein pflanzliches (oder umgekehrt) gekauft zu haben. 4https://www.verbraucherzentrale.de/aktuelle-meldungen/lebensmittel/vegetarische-und-vegane-produkte-das-sind-die-baustellen-13351 [29.01.2018] Es entsteht somit vielmehr der Eindruck als werde aus ideologischen und wirtschaftlichen Erwägungen versucht, die Entwicklung des wachsenden Marktes vegetarischer und veganer Fleischalternativen zu behindern.
Entscheidung liegt bei der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission
Über die Benennungspraxis von Lebensmitteln urteilt die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission (DLMBK). Auf Drängen der Bauern- und Fleischlobby, sowie des damaligen Landwirtschaftsminister Christian Schmidt wurde ein extra für vegan und vegetarische Lebensmittel verantwortlicher Fachausschuss einberufen, welcher ab 2016 an Leitsätzen für pflanzliche Fleischalternativen bastelte. ProVeg-Politik setzte sich dabei als Sachkundige für die rechtliche Zulassung einer informativen und attraktiven Bezeichnung von vegan-vegetarischen Lebensmitteln ein.
Zwei Jahre nach der ersten Tagung wurden im Dezember 2018 die Leitsätze zu veganen und vegetarischen Fleischalternativen veröffentlicht. Im Allgemeinen sollen Leitsätze dazu dienen die Verkehrsauffassung verschiedener Lebensmittel abzubilden und dadurch Rechtssicherheit für Handel und Produktion garantieren. Die Leitsätze für pflanzliche Fleischalternativen greifen stattdessen unnötig tief in den Markt ein, ziehen willkürliche und unbegründete Unterscheidungen zwischen einzelnen Produkten und lassen Handel und Produktion im Unklaren.
Lesen Sie die Kritik von ProVeg-Politik an den neuen Leitsätzen hier.
Forderung: Rechtssicherheit bei der Benennung von Fleischalternativen
Bereits in 2016 kam ProVeg mit Produzierenden veganer und vegetarischer Fleischalternativen zu einer Tagung in Frankfurt am Main zusammen. Unter den teilnehmenden Unternehmen waren sowohl rein vegane Unternehmen wie Veganz und LikeMeat als auch Firmen, die traditionell vor allem Fleischerzeugnisse herstellen, unter anderem Rügenwalder Mühle.
In der Frage nach der Benennung von Fleischalternativen sind ProVeg und die Lebensmittelhersteller zu einer gemeinsamen Haltung gelangt, die in einem Positionspapier festgehalten wurde.5ProVeg (2016): Gemeinsame Position zum Abschluss der VEBU-Tagung „Rechtssichere Benennung von veganen und vegetarischen Lebensmitteln” am 8. Dezember 2016 in Frankfurt/Main, v. [08.12. 2016] Darin forderten sie eine eindeutige rechtliche Klarstellung der Zulässigkeit von „Fleischbegriffen“ auf Veggie-Produkte. Voraussetzung für die Zulässigkeit sollte sein, dass die Produkte hinreichende Ähnlichkeit mit den namensgebenden Fleischerzeugnissen aufweisen und die vegetarische beziehungsweise vegane Eigenschaft der Produkte in ausreichender Deutlichkeit kommuniziert wird. Als 2017 ein Entwurf der Leitsätze veröffentlicht wurde, verlieh ProVeg mit den produzierenden Unternehmen dieser Forderung in Form einer Stellungnahme verstärkt Ausdruck.
Lesen Sie hier die erste gemeinsame Stellungnahme von ProVeg und den Unternehmen.
Quellen[+]
↑1 | AG Neuss (1988): Urteil v. 18.04.1988 – 10 OWiG 18 Js 1948/87, Keine Irreführungs- oder Verwechslungsgefahr, wenn ein fleischloses Soja-Produkt unter der Bezeichnung Wurst in den Verkehr gebracht wird, § 17 Abs 1 Nr 2 LMG, § 7 Abs 1 Nr 5 Buchst b LMG, Online unter https://www.juris.de/jportal/prev/KORE501349009 [20.12.2016] |
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↑2 | DBV (2016): Schinkenimitate sind keine Schinken, Pressemitteilung v. 19.10.2016, Online unter http://www.bauernverband.de/schinkenimitate-sind-kein-schinken[20.12.2016] |
↑3 | DFV (2016): Auf die inneren Werte kommt es an, Pressemitteilung v. 29.07.2016, Online unter http://www.fleischerhandwerk.de/presse/pressemitteilungen/auf-die-inneren-werte-kommt-es-an.html [20.12.2016] |
↑4 | https://www.verbraucherzentrale.de/aktuelle-meldungen/lebensmittel/vegetarische-und-vegane-produkte-das-sind-die-baustellen-13351 [29.01.2018] |
↑5 | ProVeg (2016): Gemeinsame Position zum Abschluss der VEBU-Tagung „Rechtssichere Benennung von veganen und vegetarischen Lebensmitteln” am 8. Dezember 2016 in Frankfurt/Main, v. [08.12. 2016] |