Politik
Großes Klimabündnis fordert weniger Tierhaltung und Anreize für weniger Fleischkonsum
18. Februar 2019
Um die deutschen Klimaziele für das Jahr 2030 zu erreichen, erarbeiteten über 60 Organisationen aus der Breite der Zivilgesellschaft Forderungen an die Bundesregierung. Das Jahr 2019 wird entscheidend für klimapolitische Weichenstellungen.
ProVeg ist Teil des Bündnisses, das das umfassende Forderungspapier „Wann, wenn nicht jetzt – Das Maßnahmenprogramm Klimaschutz 2030 der deutschen Zivilgesellschaft” Ende 2018 veröffentlicht hat. Darin werden notwendige Maßnahmen beschrieben, die von der Bundesregierung eingeleitet und verbindlich festgeschrieben werden müssen, um die deutschen Klimaziele für das Jahr 2030 zu erreichen. Das Papier, das die Klima-Allianz Deutschland in den letzten Monaten koordiniert hatte, drängt auf ambitioniertes politisches Handeln in allen Sektoren. In den Bereichen der Ernährung und Landwirtschaft sind die zentralen Forderungen eine drastische Reduktion des Fleischkonsums, ein Abbau der Tierbestände und eine Abkehr von der Massenproduktion für den Export. Tierische Produkte sind für einen Großteil der ernährungsbedingten Emissionen verantwortlich, die in Deutschland etwa ein Viertel des Gesamtausstoßes klimaschädlicher Treibhausgase ausmachen.1Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2016): Klimaschutz in der Land- und Forstwirtschaft sowie den nachgelagerten Bereichen Ernährung und Holzverwendung. Gutachten. Online unter http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Ministerium/Beiraete/Agrarpolitik/Klimaschutzgutachten_2016.pdf;jsessionid=42B457B7AB7F5D8581B823CBACEFF9FB.2_cid376?__blob=publicationFil [08.02.2019].
Das klimapolitische Jahr 2019
Der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung beschreibt die nationale, langfristige Umsetzung der Pariser Klimaziele. Er sieht erstmals konkrete Ziele zur Treibhausgasreduktion für die Handlungsfelder Energie, Verkehr, Landwirtschaft, Industrie und Gebäude bis zum Jahr 2030 vor. Diese sollen zusätzlich 2019 erstmals in einem Klimaschutzgesetz festgeschrieben werden. Die Ministerien, darunter auch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), sollen bis zum Frühjahr 2019 Maßnahmenprogramme vorlegen, die aufzeigen, wie die Ziele konkret erreicht werden können. Das BMEL muss den Ausstoß im Vergleich zum Jahr 1990 um 31–34 % verringern.
Da in der Bilanz des Landwirtschafts- und Ernährungssektors eine Vielzahl an Emissionen nicht auftauchen (wie Landnutzungsänderungen im Ausland zur Produktion von Futtermitteln), fällt das Ziel geringer aus als in anderen Sektoren. Auch deshalb will das BMEL die Schließung der Lücke vor allem mit Effizienzverbesserungen in der Energieverwendung, der Düngung sowie der Verwertung von Gülle erreichen.2Rheinische Post (2018): Bundesministerin Julia Klöckner im Interview mit der „Rheinischen Post” über Klimawandel und Pflanzenschutz. Online unter
https://www.bmel.de/SharedDocs/Interviews/2018/2018-11-19-RheinischePost.html [08.02.2019]. Dadurch wird jedoch die Intensivtierhaltung gestärkt.
Forderungen an die Bundesregierung
Für wirksamen Klimaschutz müssen die Viehbestände und das Ernährungsverhalten angegangen werden. Auch für Verbesserungen in anderen Politikfeldern wie dem Tierschutz ist dies unvermeidbar. Das sehen auch breite Teile der Zivilgesellschaft so, die sich mithilfe des Forderungspapiers für ambitionierten Klimaschutz einsetzen. Konkret muss die Politik mit Informationskampagnen über die Klimafolgen unserer Ernährung aufklären, Instrumente zur Besteuerung vergleichsweise klimaschädlicher Lebensmittel prüfen und vermehrt klimafreundliche Gerichte in der Gemeinschaftsverpflegung anbieten, beispielsweise in Schulen und Krankenhäusern. Viele namhafte zivilgesellschaftliche Organisationen haben sich diesen Forderungen angeschlossen: neben ProVeg unter anderem Brot für die Welt, der Deutsche Tierschutzbund, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Germanwatch. Dies ist ein starkes Signal an die Bundesregierung.
Tierhaltung in den Fokus rücken
Dabei drängt die Zeit: Deutschland steuert auf eine dramatische Verfehlung des eigenen Klimaziels für das Jahr 2020 zu. Jetzt müssen wichtige Weichenstellungen für das nächste Jahrzehnt vorgenommen werden. In den letzten 10 Jahren stagnierten im Sektor Landwirtschaft und Ernährung die Bemühungen in puncto Klimaschutz, dies wurde im jüngsten Klimaschutzbericht der Bundesregierung erneut bestätigt.3 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (2019): Kabinett billigt Klimaschutzbericht 2018. Pressemitteilung. Online unter
https://www.bmu.de/pressemitteilung/kabinett-billigt-klimaschutzbericht-2018/ [08.02.2019]. Die mittel- und langfristigen Klimaschutzziele Deutschlands können jedoch nicht ohne erheblich stärkere Anstrengungen in diesen Bereichen realisiert werden.
Die Bundesregierung muss sich auch entscheiden, welche Signale sie an die internationale Staatengemeinschaft senden will. Schon jetzt ist die Tierhaltung laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) global für rund 16 % der vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen verantwortlich.4FAO (2018): Global Livestock Environmental Assessment Model (GLEAM). GLEAM 2.0 – Assessment of greenhouse gas emissions and mitigation potential. Online unter http://www.fao.org/gleam/results/en/ [08.02.2019]. Die hiesige Landwirtschaftspolitik und das Ernährungsverhalten sind hochgradig ressourcenintensiv. Die wachsende Weltbevölkerung und die steigende Nachfrage nach tierischen Produkten wird die Erreichung der Pariser Klimaziele dramatisch erschweren – wenn jetzt nicht gegengesteuert wird.
Hier finden Sie das komplette Forderungspapier als PDF.
Quellen[+]
↑1 | Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2016): Klimaschutz in der Land- und Forstwirtschaft sowie den nachgelagerten Bereichen Ernährung und Holzverwendung. Gutachten. Online unter http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Ministerium/Beiraete/Agrarpolitik/Klimaschutzgutachten_2016.pdf;jsessionid=42B457B7AB7F5D8581B823CBACEFF9FB.2_cid376?__blob=publicationFil [08.02.2019]. |
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↑2 | Rheinische Post (2018): Bundesministerin Julia Klöckner im Interview mit der „Rheinischen Post” über Klimawandel und Pflanzenschutz. Online unter https://www.bmel.de/SharedDocs/Interviews/2018/2018-11-19-RheinischePost.html [08.02.2019]. |
↑3 | Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (2019): Kabinett billigt Klimaschutzbericht 2018. Pressemitteilung. Online unter https://www.bmu.de/pressemitteilung/kabinett-billigt-klimaschutzbericht-2018/ [08.02.2019]. |
↑4 | FAO (2018): Global Livestock Environmental Assessment Model (GLEAM). GLEAM 2.0 – Assessment of greenhouse gas emissions and mitigation potential. Online unter http://www.fao.org/gleam/results/en/ [08.02.2019]. |