Politik

Deutsche Politik macht Druck bei Veggie-Definition

Bildquelle: Feng Yu / shutterstock.com

Auf ihrer Konferenz in Düsseldorf haben die Verbraucherschutzminister:innen der Länder am 22. April 2016 einstimmig einen Vorschlag für eine rechtsverbindliche Definition der Begriffe ‘vegan’ und ‘vegetarisch’ beschlossen. Kurz darauf hat der damalige Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Christian Schmidt einen Brief an die EU-Kommission versandt.

Die Formulierung der Definition hatte eine gemeinsame Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertreter:innen der Länder, von ProVeg und der Lebensmittelwirtschaft, erarbeitet. Inhaltlich basiert diese auf von ProVeg erarbeiteten Kriterien und entspricht vollständig den Vorstellungen und Erwartungen der interessierten Verbraucher:innen.

Fehlende rechtliche Vorschriften

Aktuell gibt es weder auf EU-Ebene noch in Deutschland rechtsverbindliche Kriterien, die vegane und vegetarische Lebensmittel erfüllen müssen. Dies führt zu Unsicherheiten auf Seiten der Verbraucher:innen sowie von Herstellenden und Handel. Die Notwendigkeit einer verlässlichen Definition hatte der europäische Gesetzgeber schon 2011 erkannt. In der Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) wird die EU-Kommission verpflichtet, Kriterien für die freiwillige Kennzeichnung von Lebensmitteln als für vegan oder vegetarisch lebende Menschen geeignet zu erlassen. Dieser Auflage ist die Kommission trotz zunehmenden Drucks von Politik, Verbraucherschutzverbänden und Wirtschaft bisher nicht nachgekommen. Der Beschluss der Verbraucherschutzminister:innen fordert den Bund explizit auf, seine Anstrengungen auf europäischer Ebene zu verstärken. Die Länder haben auf der Verbraucherschutzministerkonferenz zusätzlich beschlossen, die vorgeschlagenen Definitionen in der Lebensmittelüberwachung künftig als Maßstab zu verwenden. Alle Fraktionen des Bundestages haben ebenfalls bekundet, die Ziele von ProVeg zu unterstützen und somit auf eine zeitnahe europäische Lösung hinzuwirken.

Nach Ländern und Parteien auch Bundesminister Schmidt für Veggie-Definition

Kurz nach der Konferenz der Verbraucherschutzminister:innen hat der damalige Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Christian Schmidt (CSU) einen Brief an den zuständigen EU-Kommissar Vytenis Andriukaitis geschickt. Wie die Saarbrücker Zeitung berichtet, fordert er in diesem die Kommission auf, den in der Lebensmittelinformationsverordnung vorgeschrieben Durchführungsrechtsakt zu erlassen, der eine europaweit rechtsverbindliche Definition der Begrifflichkeiten etablieren wird.
Nach intensiver Arbeit von ProVeg und Unterstützung seitens der Länder und aller Bundestagsfraktionen steht somit auch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hinter der Forderung nach rechtsverbindlichen Definitionen. Als Diskussionsgrundlage empfiehlt Minister Schmidt ausdrücklich die Definitionen, auf die sich die 12. Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK) geeinigt hatte. Schmidt bezeichnet sie als „sehr hilfreich und unterstützenswert“.

Was sagt die Definitionsempfehlung aus?

ProVeg hatte stets gefordert, dass die willentliche Verwendung von nicht-veganen bzw. nicht-vegetarischen Substanzen im Rahmen des Produktionsprozesses auf allen Stufen ausgeschlossen sein muss. Gleichzeitig muss es zur Bereitstellung eines größtmöglichen Produktangebots für produzierende Unternehmen möglich sein, nicht-vegane und vegane (analog nicht-vegetarische und vegetarische) Lebensmittel mit den gleichen Produktionsanlagen herzustellen, sofern zumutbare Vorkehrungen nach aktuellem Stand der Technik zur Verhinderung von Verunreinigungen getroffen werden. Dies führt dazu, dass das (mögliche) Vorhandensein von minimalen Spuren tierischer Substanzen in veganen oder vegetarischen Produkten gestattet ist. Der Hintergrund dafür ist, dass der Kauf von während des Produktionsprozesses (möglicherweise) mit tierischen Substanzen in Kontakt gekommenen veganen bzw. vegetarischen Lebensmitteln nicht zur vermehrten Nutzung von Tieren, zur Umweltschädigung oder Ressourcenverschwendung beiträgt und somit aus vegan-vegetarischer Sicht kein Problem darstellt. Die bestehenden Vorschriften zur Allergenkennzeichnung stellen sicher, dass Betroffene sich über diesen Aspekt eines Lebensmittels informieren können.

Die Definitionsempfehlung im Wortlaut:

(1) Vegan sind Lebensmittel, die keine Erzeugnisse tierischen Ursprungs sind und bei denen auf allen Produktions- und Verarbeitungsstufen keine
– Zutaten (einschließlich Zusatzstoffe, Trägerstoffe, Aromen und Enzyme) oder
– Verarbeitungshilfsstoffe oder
– Nicht-Lebensmittelzusatzstoffe, die auf dieselbe Weise und zu demselben Zweck wie Verarbeitungshilfsstoffe verwendet werden,
die tierischen Ursprungs sind, in verarbeiteter oder unverarbeiteter Form zugesetzt oder verwendet worden sind.
(2) Vegetarisch sind Lebensmittel, welche die Anforderungen des Absatzes 1 erfüllen, bei deren Produktion jedoch abweichend davon
1. Milch,
2. Kolostrum,
3. Farmgeflügeleier,
4. Bienenhonig,
5. Bienenwachs,
6. Propolis oder
7. Wollfett/Lanolin aus von lebenden Schafen gewonnener Wolle,
oder deren Bestandteile oder daraus gewonnene Erzeugnisse zugesetzt oder
verwendet worden sein können.
(3) Einer Auslobung als vegan oder vegetarisch stehen unbeabsichtigte Einträge von Erzeugnissen, die nicht den jeweiligen Anforderungen des Absatzes 1 oder 2 entsprechen, nicht entgegen, wenn und soweit diese auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen trotz geeigneter Vorkehrungen bei Einhaltung der guten Herstellungspraxis technisch unvermeidbar sind.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend, wenn für Lebensmittel Informationen verwendet werden, die aus Verbrauchersicht gleichbedeutend mit „vegan“ oder „vegetarisch“ sind.

Letztes Update: 25.05.2016

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