Corporate Engagement
ProVeg-Preisstudie 2023: Aufpreis für pflanzliche Alternativen deutlich gesunken
Kathleen Gerstenberg 25. Oktober 2023
Von Joghurt über Aufschnitt bis Pizza: ProVeg hat im Herbst 2023 erneut 12 Produktgruppen auf Preisunterschiede zwischen pflanzlichen Alternativen und ihren tierischen Pendants untersucht. Das Ergebnis: Vegane Produkte sind teils teurer – aber die Preisdifferenz wird kleiner.
Preis als Hürde für den Kauf pflanzlicher Alternativen
Immer mehr Menschen entscheiden sich aus Umweltgründen für eine bewusste Reduktion tierischer Produkte.1 BMEL (2023): Deutschland, wie es isst – der BMEL-Ernährungsreport 2023. Online unter: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/ernaehrungsreport-2023.pdf [18.10.2023] Pflanzliche Alternativen können hilfreich sein, um eine Ernährungsumstellung zu erleichtern. Sie gelten jedoch gemeinhin als teurer im Vergleich zu ihren tierischen Pendants.
2022 verglich ProVeg stichprobenhaft die Preise pflanzlicher und tierischer Nahrungsmittel. Das Ergebnis: Für einen pflanzlichen Warenkorb musste im Schnitt 53 % mehr gezahlt werden als für einen tierischen Warenkorb. Ein Jahr später schauen wir erneut in die Supermärkte – was hat sich seitdem getan?
Methodik
Die Preisstudie hat 6 der umsatzstärksten Lebensmitteleinzelhändler Deutschlands in 9 Bundesländern untersucht (Anzahl Standorte)2Lebensmittelpraxis (2023): Konzentration und Bewegung – Exklusiv: Das Ranking der Top-30-LEH-Unternehmen in Deutschland. Online unter: https://lebensmittelpraxis.de/top-30-unternehmen-im-leh.html [25.09.2023]: Aldi Nord (4), Aldi Süd (9), Edeka (6), Kaufland (4), Lidl (10), Rewe (7)
Untersucht wurden die Preise von Produkten in 12 Kategorien: Aufschnitt, Bratwurst/Würstchen, Burger, Fischstäbchen, Hack, Joghurt, Käse, Kochcreme, Milch, Pizza, Schnitzel, Streichcreme (Frischkäse). Von jedem dieser Produkte wurde in jedem Supermarkt der Kilopreis erfasst für:
- das günstigste tierische Produkt
- das teuerste tierische Produkt
- die günstigste pflanzliche Alternative
Betrachtet wurden dabei Produkte in ähnlicher Verpackungsgröße.
Für jede Kategorie wurden die Preise für das günstigste und das teuerste tierische Produkt ähnlicher Verpackungsgröße identifiziert („Preisspanne“). Die Einordnung der pflanzlichen Alternativprodukte erfolgte relativ dazu (günstiger oder gleich günstig, innerhalb der Preisspanne, teurer oder gleich teuer).
Bei Unterschieden im Preis eines Produkts zwischen den verschiedenen Märkten des gleichen Händlers wurde der Median der Produktpreise ermittelt und für die weiteren Berechnungen verwendet.
Alle Preise wurden in den Kalenderwochen 34–35 2023 erfasst.
Aktionsangebote, Großverpackungen
Vergleich der Warenkörbe 2023: Wer pflanzlich einkauft, zahlt 25 % mehr
Um ein besseres Verständnis zu bekommen, wie sich preisliche Unterschiede im Alltag bemerkbar machen, hat ProVeg den Preisunterschied zwischen einem pflanzlichen und einem tierischen Warenkorb ermittelt.
Das Ergebnis: Ein Warenkorb mit 12 pflanzlichen Alternativprodukten ist im Schnitt 25 % teurer als einer mit tierischen Produkten – ein Preisunterschied von rund 5 Euro. Der günstigste pflanzliche Warenkorb lässt sich bei Kaufland finden (23,27 Euro), der teuerste bei Edeka (28,52 Euro).
„Preisparität ist ein Hebel, um finanziell schlechter gestellten Personen nachhaltigere Lebensmittel leichter zugänglich zu machen.“
Christian Zacherl
Geschäftsfeldmanager Lebensmittel am Fraunhofer IVV
In allen Supermärkten gibt es preisgleiche Produkte
In 8 der 12 Kategorien kann das pflanzliche Produkt in mindestens einem Supermarkt mit dem günstigsten tierischen Pendant mithalten. Wenngleich kein einzelner Supermarkt als Pionier hervorsticht, so gibt es in vielen Kategorien Benchmarks, die zeigen, wie niedrig der Preis für pflanzliche Alternativen sein kann.
Aldi Süd und Kaufland führen das Feld an: In beiden Supermärkten gibt es jeweils 5 pflanzliche Produkte, die mit ihren tierischen Pendants preislich gleichauf oder sogar günstiger sind – zumindest bei vergleichbaren Verpackungsgrößen. Mit Produkten in nur 8 der 12 Kategorien weist Aldi Nord die größten Lücken im Sortiment auf.
Preisgleichheit bei Milch, Fischstäbchen und Schnitzel
Die Untersuchung zeigt: Milch, Fischstäbchen und Schnitzel auf pflanzlicher Basis kosten teils genauso wenig wie ihre tierischen Pendants. In 3 Supermärkten liegt der Preis für pflanzliche Fischstäbchen sogar unter dem für tierische. Bei Schnitzel spielt die Wahl des Supermarktes eine entscheidende Rolle: Während es bei Aldi Süd, Kaufland und Rewe bereits pflanzliche Alternativen für 7,58 €/kg gibt, zahlen Kund:innen in anderen Läden bis zu 14,95 €/kg.
Pflanzenmilch: steuerlich benachteiligt
Pflanzenmilch kann sich seit 2023 erstmals preislich mit Kuhmilch messen. Und das, obwohl Pflanzenmilch gegenüber Kuhmilch steuerlich benachteiligt wird: Bei Pflanzenmilch fällt 19 % Mehrwertsteuer an, bei Kuhmilch hingegen nur 7 %. Die Preisgleichheit ist nicht wegen gestiegener Preise für Kuhmilch entstanden, sondern aufgrund einer Preissenkung für die günstigste Milchalternative – durchweg in allen Supermärkten und trotz Inflation.
Aufholbedarf bei pflanzlichen Milchprodukten
Die größte preisliche Diskrepanz wird bei Joghurt sichtbar: Der Preis für den günstigsten pflanzlichen Joghurt liegt bei allen Supermärkten einheitlich bei 2,78 €/kg. Damit kostete er in 4 von 6 Supermärkten mehr als der teuerste Joghurt aus Kuhmilch.
Bei pflanzlicher Streichcreme hat sich der Preis in vielen Supermärkten auf 11,27 €/kg eingependelt. Tierischer Frischkäse beginnt preislich jedoch vielerorts bereits bei 5 €/kg. Ähnlich weit entfernt zur Preisgleichheit sind pflanzliche Käsealternativen: Hier bieten die meisten Supermärkte die günstigste Option für 13,27 €/kg an. Demgegenüber stehen Preise von Kuhmilchkäse ab 9,27 €/kg, in größeren Verpackungen sogar schon ab 7,48 €/kg.
Aufruf an Politik und Einzelhandel
Preise haben einen großen Einfluss auf das Konsumverhalten der Bevölkerung. Es braucht Maßnahmen, um die Attraktivität pflanzlicher Alternativprodukte zu steigern und so die Transformation hin zu einem umweltverträglichen Ernährungssystem zu fördern. Die Preise für Nahrungsmittel sollten sich an realen Kosten orientieren und dementsprechend auch die Kosten für die ökologischen und sozialen Auswirkungen eines Produkts inkludieren.
ProVeg empfiehlt dem Handel, finanzielle Anreize für pflanzliche Produkte zu schaffen, um nachhaltigen Konsum zu fördern. Die Politik sollte zudem alle pflanzlichen Nahrungsmittel einschließlich pflanzlicher Alternativen dauerhaft von der Mehrwertsteuer befreien.
Best Practice: Preisangleichung bei Lidl und Kaufland
Am 11.10.2023 hat Lidl eine neue Preisgestaltung für pflanzliche Alternativprodukte der Lidl-Eigenmarke „Vemondo“ in Deutschland eingeführt. Die pflanzlichen Alternativen kosten seither genauso viel wie oder weniger als ihre tierischen Pendants. Kaufland hat bereits am Folgetag reagiert und eine entsprechende Preisangleichung für die Produkte der pflanzlichen Eigenmarke „K-take it veggie“ verkündet.
Zusammenfassung der Ergebnisse der Preisstudie 2023
- Ein Warenkorb mit 12 pflanzlichen Alternativen ist im Schnitt 25 % teurer (5,01 Euro) als einer mit tierischen Pendants.
- Bei Kaufland gibt es den günstigsten pflanzlichen Warenkorb (23,27 Euro), bei Edeka den teuersten (28,52 Euro).
- In 8 der 12 Produktkategorien ist das günstigste pflanzliche Produkt in mindestens einem Supermarkt preislich gleichauf mit dem günstigsten tierischen Pendant.
- Pflanzenmilch ist günstiger geworden: Trotz höherem Mehrwertsteuersatz gibt es in allen untersuchten Supermärkten eine Pflanzenmilch, die genauso günstig ist wie die günstigste Kuhmilch.
- Pflanzliche Fischstäbchen und Schnitzel sind ebenfalls preislich gleichauf mit ihren tierischen Pendants.
- Den größten Aufschlag zahlen Verbraucher:innen für pflanzlichen Joghurt und pflanzliche Streichcreme (Frischkäse).
- Tierische Nahrungsmittel werden häufig auch in Großpackungen angeboten, wodurch ihr Kilopreis sinkt. Für pflanzliche Alternativen fehlen große Verpackungsgrößen.
„Die Ineffizienz der Milch- und Fleischproduktion wird staatlich subventioniert. Im direkten Vergleich werden pflanzliche Kalorien zu niedrig und tierische Kalorien viel zu hoch subventioniert. Diese Subventionen sind fast unsichtbar für Konsumenten.“
Prof. Dr. Jan Wirsam
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
ProVeg für Unternehmen
ProVeg Corporate Engagement widmet sich dem wachsenden globalen Markt für pflanzliche Lebensmittel. ProVeg arbeitet dabei mit Produzenten, dem Einzelhandel und dem Außer-Haus-Markt zusammen, um mehr pflanzliche Produkte für Konsument:innen zu entwickeln und diese Waren leichter erhältlich zu machen.
Quellen[+]
↑1 | BMEL (2023): Deutschland, wie es isst – der BMEL-Ernährungsreport 2023. Online unter: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/ernaehrungsreport-2023.pdf [18.10.2023] |
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↑2 | Lebensmittelpraxis (2023): Konzentration und Bewegung – Exklusiv: Das Ranking der Top-30-LEH-Unternehmen in Deutschland. Online unter: https://lebensmittelpraxis.de/top-30-unternehmen-im-leh.html [25.09.2023] |
Über die Autorin
Kathleen Gerstenberg
Content-Managerin
Unsere Autorin interessiert sich für gesunde Ernährung. Seit 2018 ist sie bei ProVeg, liebt Wortneuschöpfungen und jongliert als Content-Managerin mit Sprache, um noch mehr Menschen für eine pflanzliche Lebensweise zu begeistern.